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Eilftes Capitel.
Mucian und Antonius Primus ziehen gegen Vitellius. Verrath des Cäcina. Sieg des Antonius bei Cremona. Sabinus, der Bruder Vespasians, fällt in Rom. Einzug des Antonius. Tod des Vitellius. Vespasian in Aegypten. Titus zieht von dort nach Judäa.

630 (1.) Als Vespasian die Audienzen der verschiedenen Gesandtschaften beendet und überall in gerechter Weise und durch würdige Persönlichkeiten die Verwaltungsstellen besetzt hatte, begab er sich nach Antiochien. 631 Bei näherer Ueberlegung, wohin er sich nun zunächst wenden sollte, hielt er es doch für ersprießlicher, sein Augenmerk der Lage Roms zu schenken, als eine Reise nach Alexandrien zu unternehmen, weil er letzteres ungefährdet, Rom dagegen unter dem Schrecken des Vitellius wusste. 632 Er sandte also an der Spitze einer starken Truppenmacht von Reitern und Fußvolk den Mucianus nach Italien, der sich aber, weil es tief im Winter war, nicht getraute, sein Heer auf dem Seeweg hinüberzubringen, sondern den Landweg über Kappadocien und Phrygien mit ihm einschlug.

633 (2.) Unterdessen hatte sich auch Antonius Primus, der damals gerade eine Commandostelle in Mösien inne hatte, an die Spitze einer der dort stationierten Legionen, der sogenannten dritten Legion, gestellt und rückte in Eilmärschen zu einem entscheidenden Schlage gegen Vitellius heran. 634 Vitellius schickte ihm den Cäcina Alienus mit beträchtlichen Streitkräften entgegen, weil er in diesen Mann wegen seines Sieges über Otho ein großes Vertrauen setzte. In aller Eile brach Cäcina von Rom auf und traf bei Cremona, einer Stadt in Gallien, die aber schon an der Grenze von Italien liegt, auf Antonius. 635 Wie er nun hier die feindlichen Massen und ihre Schlagfertigkeit bemerkte, hatte er nicht den Muth, sich in ein Treffen einzulassen. Da er aber andererseits auch das Verhängnisvolle eines Rückzuges wohl erkannte, so spann er Verrath. 636 Zu diesem Zwecke berief er die Centurionen und Tribunen unter seinem Commando zu einer Berathung und suchte sie dadurch, dass er die Aussichten des Vitellius recht verkleinerte, die Macht des Vespasian dagegen übertrieb, auf die Seite des Antonius zu bringen. 637 „Vitellius“, sagte er, „besitzt ja nur mehr den glänzenden Titel, bei Vespasian aber ist die Macht. Es ist darum für uns das beste, dass wir bei Zeiten aus der Noth eine Tugend machen, und weil uns die bewaffnete Faust vor einer Niederlage nicht mehr retten kann, mit unserer Klugheit der Gefahr die Spitze abbrechen. 638 Denn, was Vespasian anlangt, so ist er stark genug, auch ohne uns das, was ihm noch abgeht, zu gewinnen, während Vitellius auch mit unserer Unterstützung das nicht mehr halten kann, was ihm noch geblieben ist“.

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/364&oldid=- (Version vom 1.8.2018)