die zweite Lüge, die Johannes vorgebracht – waren sie lange Zeit rathlos, was sie denn bei der äußerst gedrängten Zeit, auf die sie angewiesen waren, anfangen sollten. 227 Denn, wie sie wussten, stand das Volk bereit, demnächst zum Angriff auf sie überzugehen, und hatte die Raschheit des feindlichen Planes ihnen alle Hilfe von außen abgeschnitten. Denn längst mussten sie schon ausgelitten haben, ehe nur einem ihrer Bundesgenossen etwas zu Ohren gekommen. 228 Dennoch wurde der Beschluss gefasst, die Idumäer herbeizurufen. Man setzte einen kurzen Brief auf, des Inhaltes, wie Ananus das Volk im Sacke habe und die Hauptstadt den Römern in die Hände spielen wolle, während die Zeloten dafür, dass sie für die Erhaltung der Freiheit von seiner Partei abgefallen seien, von ihr im Tempel jetzt eingeschlossen gehalten würden: 229 nur noch eine Spanne Zeit entscheide über ihr Schicksal! Kämen die Idumäer nicht schleunigst zu Hilfe, so würden die Zeloten früher in die Hände des Ananus und ihrer Feinde, die Stadt aber in die Gewalt der Römer fallen. Das meiste sollten übrigens die Boten nach ihrer Weisung mündlich an die Häupter der Idumäer ausrichten. 230 Für den Botendienst suchte man zwei entschlossene Männer aus, die eine gewandte, aber auch diplomatische Zunge, und was in diesem Falle von noch größerem Nutzen war, ganz ausgezeichnet schnelle Beine hatten. 231 Denn, dass die Idumäer, ein stürmisches und wildes Volk, das es stets auf Unruhen abgesehen und an Umwälzungen seine helle Freude hat, dem eine kleine Schmeichelei und Bitte schon die Waffen in die Hand drückt, und das sich zum Kampfe drängt, als gienge es zu einem Feste, dass diese Leute auf der Stelle dem Rufe Folge leisten würden, davon waren sie überzeugt. 232 Es kam also bei diesem Botendienst nur auf die Schnelligkeit an, und da in dieser Beziehung die Abgesandten Alles aufboten, was an ihrem Bemühen lag – beide führten den Namen Ananias – so waren sie denn auch bald zur Stelle und traten vor die Häupter der Idumäer.
233 (2.) Als diese den Brief gelesen und die mündlichen Erklärungen der Ueberbringer vernommen, waren sie vor Schrecken außer sich und liefen wie rasend bei ihrem Volke herum, um den Heerbann aufzubieten. 234 Schon vor der festgesetzten Zeit war das Kriegsvolk beisammen; wer nur immer konnte, hatte mit einem wahren Feuereifer die Waffen zur Befreiung der Hauptstadt ergriffen. 235 Nachdem sich die Massen geordnet, zogen sie in einer Stärke von 20.000 Mann unter vier Anführern, Johannes und Jakobus, Söhne des Sosa, ferner Simon, Sohn des Kathla, und Phineas, Sohn des Klusoth, vor Jerusalem.
236 (3.) Hatten nun von dem Entweichen der Boten weder Ananus noch die Wachen etwas bemerkt, so war das keineswegs mehr bei
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/322&oldid=- (Version vom 1.8.2018)