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Verwirrung unter dem Volke zu Jerusalem. Bevor aber noch in Jerusalem der Zwiespalt eingerissen, hatte sich schon die Bevölkerung im Lande in zwei Lager getheilt. 130 Den Anstoß dazu gab die Ankunft des Titus in Cäsarea und der Zug, den darauf Vespasian von Cäsarea nach Jamnia und Azotus unternahm. Es gelang ihm hiebei, diese Städte auf seine Seite zu bringen und durch eine Besatzung zu sichern, worauf er, begleitet von einer zahlreichen Menge, die er sich bei den friedlich unterworfenen geholt hatte, wieder nach Cäsarea zurückkehrte. 131 Jetzt regte sich dafür in jeder Stadt Unfriede und Bruderkampf, und wo man sich vom Schrecken vor den Römern wieder erholt hatte, kehrte man jetzt die Fäuste gegeneinander. Zwischen der Kriegspartei und der friedliebenden Bevölkerung herrschte eine arge Verbitterung. 132 Zuerst griff der Streit nur in einzelnen Häusern bei Leuten um sich, die schon von jeher nicht gerade in der besten Eintracht miteinander gelebt hatten: dann aber kam es soweit, dass selbst Personen, die bislang durch die engsten Bande der Liebe verbunden gewesen, in zügelloser Feindschaft sich nunmehr gegenüber traten, und da sich jedermann natürlich an seine Gesinnungsgenossen anschloss, bereits in ganzen Massen bekämpften. 133 Ueberall herrschte Parteiung, und überall bekam gerade jene Partei, die für den Umsturz war und nur den Kampf herbeiwünschte, dank ihrer jugendlichen Kraft und Verwegenheit, das Uebergewicht über die alten und vernünftigen Leute. 134 Anfänglich verlegten sich nur einzelne auf eigene Faust auf die Plünderung der Ortsbevölkerung, dann aber bildete man förmliche Rotten, um die Bewohner des flachen Landes auszurauben, was mit einer Grausamkeit und Frevelei geschah, dass die Einwohner hierin keinen Unterschied mehr zwischen den Römern und ihren eigenen Landsleuten spüren konnten, ja, dass den ausgezogenen Opfern selbst die römische Gefangenschaft noch viel erträglicher schien.

135 (3.) Die römische Besatzung in den Städten gewährte theils aus Besorgnis, selbst hart mitgenommen zu werden, theils aus Hass gegen die jüdische Nation den Bedrängten gar keine oder nur geringe Hilfe. Endlich, nachdem sich die Banden allerorts auf dem Lande an dem dort gemachten Raube vollgesogen, begannen sie sich unter ihren Hauptleuten zu sammeln und zogen sich, eine wahre Armee von Schurken, zum Unheil Jerusalems in diese Stadt hinein, 136 in diese Stadt, sage ich, die damals leider keine feste Führung hatte und nach väterlicher Sitte alles, was Stammgenosse hieß, ohne Untersuchung aufnahm, und wo damals auch noch die allgemeine Ueberzeugung herrschte, dass alle Scharen, die hineinströmten, nur Bundesgenossen seien, die das Wohlwollen für die Stadt herbeigeführt habe. 137 Das

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/311&oldid=- (Version vom 1.8.2018)