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Drittes Capitel.
Aufregung in Jerusalem. Zusammenströmen der Rebellen. Das Wüthen der Zeloten gegen die Aristokraten und Hohenpriester. Wahl des Phannias zum Hohenpriester. Ananus bietet das Volk gegen die Zeloten auf. Letztere im Tempel eingeschlossen. Verrath des Johannes von Gischala.

121 (1.) Beim Einzug des Johannes war in Jerusalem alles Volk aus den Häusern auf die Straßen hinausgelaufen, und eine vielhundertköpfige Menge umstand jeden einzelnen Flüchtling, der mit ihm gekommen, um etwas Näheres über die traurigen Vorgänge außerhalb Jerusalems zu erfahren. 122 Obschon der noch heiß fliegende Athem nur zu deutlich ihre ausgestandene Angst verrieth, konnten sie doch selbst im Unglück noch groß thun, indem sie meinten, sie hätten nicht vor den Römern Reißaus genommen, sondern wären nur gekommen, um von Jerusalem aus desto sicherer dieselben zu bekämpfen. 123 Denn nur unvernünftige und unpraktische Leute könnten wegen Gischala und ähnlicher elender Nester tollkühn ihre Haut zu Markte tragen, da man doch Wehr und Mannschaft lieber für die Hauptstadt sparen und zusammenhalten sollte. 124 Dabei ließen sie natürlich auch ein und das andere Wort über die Einnahme von Gischala fallen, aus denen die meisten schon herausmerkten, dass das, was man etwas nobler „Rückzugsbewegung“ benamset hatte, im Grunde nur eilige Flucht gewesen sei. 125 Als sich aber dann noch die Kunde von den Vorgängen bei der Gefangennahme verbreitete, griff im Volke keine geringe Bestürzung Platz, da man dieselben als gewaltig ernste Vorzeichen der eigenen Niederlage betrachten musste. 126 Anstatt nun wegen seines Benehmens gegen die feige verlassenen Familien schamroth zu werden, gieng Johannes vielmehr in Jerusalem von dem einen zum anderen und stachelte durch selbstgemachte Hoffnungen zum Kriege auf, indem er die Macht der Römer als recht schwach darstellte, die der Juden aber recht herausstrich 127 und noch seinen Spott mit der Unkenntnis des unerfahrenen Volkes treiben konnte durch die Bemerkung, dass die Römer nicht einmal, wenn sie sich Flügel nähmen, jemals über die Mauern Jerusalems hinüberkämen, da sie sich schon an den Galiläischen Dörfern die Köpfe blutig gestoßen und an den dortigen Mauern ihre Maschinen zerrieben hätten.

128 (2.) Durch diese Reden wurde der Großtheil der jungen Leute auf die Seite der Schurken gezogen und war Feuer und Flamme für den Krieg. Unter den besonneneren und älteren Leuten dagegen gab es wohl keinen, der nicht in Voraussicht der kommenden Dinge die Stadt wie eine bereits verlorene betrauert hätte. 129 So herrschte nur

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/310&oldid=- (Version vom 1.8.2018)