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Punkte der Stadt flüchteten, hättet ihr euch zurückhalten und der auf der Höhe lauernden Gefahr nicht entgegenlaufen sollen. Vielmehr hättet ihr nach der Besetzung der unteren Stadt von da aus die nach oben Geflüchteten nach und nach zu einem sicheren und geordneteren Kampfe herablocken sollen. So aber habt ihr in eurem zügellosen Hasten nach dem Siege eure Sicherheit ganz außer Acht gelassen. 45 Der Mangel aber an Umsicht im Kampfe und rabiates Dreinschlagen ist keineswegs bei den Römern Brauch, die wir nur auf dem Wege der Erfahrung und der militärischen Ordnung all’ unsere Erfolge erzielen, sondern es ist das eine Barbarensitte, von der sich ganz besonders die Juden beherrschen lassen. 46 Es heißt also jetzt wieder bei unserer eigenen Kampfmethode bleiben, und der ohne unser Verschulden erlittene Schlag soll, weit entfernt, unseren Muth herabzudrücken, weit eher noch unseren gerechten Grimm entflammen. 47 Das kräftigste Trostwort soll sich übrigens jeder aus uns von seinem eigenen guten Schwerte sprechen lassen: denn damit könnt ihr zugleich für eure armen Kameraden Rache nehmen und ihre Würger zur Strafe ziehen. 48 Was endlich meine Person anbelangt, so werde ich, wie eben jetzt, so auch bei jedem Strauß trachten, der vorderste von euch beim Sturme, der letzte aber beim Rückzuge zu sein.“

49 (7.) Mit dieser Ansprache richtete Vespasian sein Heer wieder auf. Was aber die Gamalenser betrifft, so stellte sich freilich bei ihnen für eine kleine Weile kühne Zuversicht wegen des Sieges ein, den sie in einer so überraschenden Weise und so glänzend errungen hatten: 50 als sich jedoch später die Erwägung geltend machte, wie sie sich damit zugleich jeder Hoffnung auf Gnade selbst beraubt hatten, in einem Augenblicke, wo schon die Lebensmittel auf die Neige giengen – von Flucht sahen sie überhaupt keine Möglichkeit –, da begann ihr Muth gewaltig zu sinken, und die Stimmung wurde eine sehr gedrückte. 51 Trotzdem wollten sie nichts unversucht lassen, was in ihren Kräften stand, um an ihrer Rettung zu arbeiten. Die besten Streiter bewachten die Breschen in der Mauer, während die übrigen die noch unversehrten Theile der Mauer besetzten und hier Wache hielten. 52 Als aber die Römer ihre Dämme noch höher aufzuschütten begannen, um einen neuen Angriff zu versuchen, da begann man massenweise, theils über unwegsame Schluchten hinab, wo natürlich keine Posten lagen, theils durch die unterirdischen Gänge aus der Stadt zu entweichen. 53 Jene aber, die aus Furcht, in Gefangenschaft zu gerathen, in der Stadt verblieben, fielen der Noth zum Opfer, da man bereits von allen Ecken und Enden die Nahrung nur mehr für die wehrkräftige Mannschaft zusammenraffte.

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/302&oldid=- (Version vom 1.8.2018)