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und nie dem Feinde den Rücken zeigte, bis er außerhalb der Mauer war. 36 Eine sehr große Zahl von Römern war in diesem Kampfe gefallen, darunter auch der Dekurio Aebutius, ein Mann, der sich nicht bloß in der Schlacht, bei der er ums Leben kam, sondern auch früher schon bei jeder Gelegenheit als der wackersten einer bewiesen und den Juden große Verluste beigebracht hatte. 37 Dagegen war es einem Centurio, namens Gallus, der mit zehn Soldaten abgeschnitten worden, in dem Durcheinander geglückt, sich im Hause eines Stadtbewohners zu verstecken. 38 Hier wurde er nun von seinem Verstecke aus Ohrenzeuge, wie die Hausbewohner sich bei der Abendmahlzeit über die vom Volke gegen die Römer geplanten Maßregeln besprachen, die natürlich auch ihn und seine Gefährten angiengen, obschon sie zunächst gebürtige Syrer waren. Daraufhin erhob er sich des Nachts, stach alle im Hause nieder und kam mit seinen Soldaten glücklich zu den Römern zurück.

39 (6.) Da das Heer sich durch den Gedanken an die arge Schlappe und insbesondere deshalb entmuthigt zeigte, weil es bis zur Stunde noch nirgends ein so schlimmes Missgeschick gehabt hatte, was ihm aber am peinlichsten war, sich auch noch schämen musste, den eigenen Feldherrn in der Gefahr im Stiche gelassen zu haben, so suchte Vespasian dasselbe durch gütigen Zuspruch wieder aufzurichten, 40 wobei er übrigens, um auch nicht den Schein einer tadelnden Anspielung zu erwecken, seine persönliche Gefahr ganz unberührt ließ. „Wir müssen,“ sprach er, „im Hinblick auf das Wesen des Krieges das gemeinsame Unglück männlich tragen, indem nirgends ein Sieg ohne Blutvergießen erblüht. Das Glück dreht sich ja und rollt um sich herum. 41 Wir haben übrigens dem Unglücksgott nur eine verhältnismäßig kleine Schlappe gezahlt, in Anbetracht des Umstandes, dass wir schon soviele Tausende von Juden vertilgt haben. 42 Wie es aber die Art niedrig denkender Menschen ist, sich im Glücke zu erheben, ebenso ist es auch nur unmännlichen Seelen eigen, dass sie bei Unglücksschlägen gleich zusammenschrecken. Tritt ja doch so schnell in beiden Fällen der Umschwung ein, und darum ist jener der wackerste, welcher auch das Glück sich nie zu Kopfe steigen lässt, um sich auf diese Weise auch für sein Unglück soviel unverdrossenen Muth zu sparen, als nöthig ist, die Scharten wieder auszuwetzen. 43 Zudem ist das, was uns jetzt zugestoßen ist, weder die Folge einer größeren Verweichlichung von unserer Seite, noch einer größeren Tapferkeit von Seite der Juden, sondern der einzige Grund, dass sie über uns einen Vortheil errungen und wir den Kürzeren gezogen haben, ist vielmehr die steile Lage der Veste. 44 In Anbetracht derselben könnte man allerdings gegen die Unüberlegtheit eures Angriffes einen Tadel erheben: denn als die Feinde sich auf die höchsten

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/301&oldid=- (Version vom 1.8.2018)