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unter gewaltigem Brausen seine Schwadronen, die sich dabei nach der ganzen Breite der feindlichen Stellungen auf der Ebene aufrollten und so noch viel zahlreicher zu sein schienen, als sie wirklich waren. 488 Obwohl ganz betroffen von der Wucht und Exactheit des Reiterangriffes, hielten doch die Juden den Ansturm eine Weile aus, bis sie, theils von den Lanzen der Reiter niedergestochen, theils von den dröhnenden Hufen der Pferde über den Haufen gerannt, förmlich zerstampft wurden. 489 Unter einem allgemeinen Blutbade wurden die Juden auseinandergesprengt und flohen, so schnell einen jeden die Füße trugen, der Stadt zu. 490 Viele wurden dabei einzeln von Titus eingeholt und niedergehauen, viele sanken mitten im Schwarm, durch den er sich durchhieb, anderen wieder eilte er voraus und stieß sie dann von vorne nieder; oft stürzte einer über den andern und wurden von dem auf den Knäuel einsprengenden Titus miteinander erschlagen. 491 Er hätte schließlich noch allen den Weg zur Mauer verlegt und sie wieder auf die Ebene zurückgejagt, wenn sie nicht endlich doch mit der Gewalt ihrer Masse den Durchbruch erzwungen und fliehend die Stadt erreicht hätten.

492 (4.) Drinnen erwartete aber die Flüchtlinge ein verhängnisvoller Widerstand von Seite der eigenen Leute. Die eigentlichen Bewohner der Stadt hatten nämlich, besorgt um ihr Hab und Gut, wie auch um die Existenz der Stadt selbst, schon von Anbeginn keine rechte Lust zum Kriege und jetzt nach der Niederlage natürlicher Weise schon gar nicht mehr. 493 Da aber die in großer Anzahl daselbst befindlichen Fremdlinge sie noch weiter dazu zwingen wollten, so kam es infolge der gegenseitigen Verbitterung zu lärmenden und wirren Auftritten, und es hatte den Anschein, dass man jetzt und jetzt zur blutigen Austragung des Streites schreiten würde. 494 Kaum hatte Titus, der gerade in der Nähe der Mauer stand, das wüste Getöse erlauscht, als er auch schon mit erhobener Stimme seinen Soldaten zurief: „Jetzt ist der rechte Augenblick da! Was zaudern wir noch, Waffengefährten, da Gott selbst uns die Juden ausliefert? Auf zum Siege! 495 Hört ihr nicht das Geschrei? In den Haaren liegen sich gegenseitig, die unseren Händen noch entkommen sind. Unser ist die Stadt, wenn wir rasch zugreifen. Freilich braucht es dazu noch ein Stück Arbeit und einige Bravour: es will ja nichts Großes ohne Gefahr zu Stande kommen. 496 Es gilt aber jetzt nicht bloß der Einigung unter den Feinden zuvorzukommen, die die Noth gewöhnlich schnell wieder einander näher bringt, sondern auch der Hilfsaction der Unserigen, damit wir nach dem Siege über eine so ungeheure Uebermacht, den unsere Handvoll jetzt erfochten, uns auch noch rühmen können, die Stadt selbst ganz allein erobert zu haben.“

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/289&oldid=- (Version vom 20.2.2020)