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gangenheit, und wer der Gegner ist, den wir angreifen wollen. 473 Unserer Faust ist bis zu diesem Augenblick nichts entkommen, was da auf dem Erdkreis lebt; nur die Juden – zu ihrer Ehre sei es gesagt – sind trotz ihrer beständigen Niederlagen noch immer nicht am Ende! Was für eine Schande für uns, mitten in unserem Siegeslaufe zu ermatten, wenn jene unter solchen Schlägen noch aufrecht stehen! 474 Ich freue mich allerdings zu sehen, dass eure äußere Haltung an Kampfesmuth nichts zu wünschen übrig lässt, aber ich habe doch Bedenken, ob nicht manchem von euch die feindliche Uebermacht wenigstens ein stilles Gruseln einjagt. 475 Möchte doch ein solcher immer und immer wieder erwägen, was für ein Blut in ihm rollt, und wer sein Widerpart im blutigen Streite ist: Leute, die, wenn sie auch mit der größten Verwegenheit und Todesverachtung kämpfen, auf der anderen Seite doch von keiner Taktik und Kriegserfahrung etwas wissen und eher den Namen einer Horde, denn eines Heeres verdienen. Was brauche ich aber erst viele Worte über unsere eigene militärische Schulung und Disciplin zu verlieren? Ist ja doch gerade das der Zweck unserer Waffenübungen, die nur von uns, Römern, auch in Friedenszeit angestellt werden, dass wir im Kriege nicht erst unsere Zahl mit der des Feindes ängstlich abzuwägen brauchen. 476 Was hätte denn der unausgesetzte Kriegsdienst noch für einen Wert, wenn wir es schließlich immer nur in gleicher Stärke mit ungeübten Feinden aufnehmen wollten? 477 Ihr müsst außerdem beachten, dass ihr Schwerbewaffnete seid, jene aber, mit denen ihr euch im Kampfe zu messen habt, nur Leichtbewaffnete, dass ihr Pferde habt, jene keine, dass ihr eine militärische Führung habt, jene keine: kurz, solche Vortheile, welche die Bedeutung eurer Zahl um das Vielfache steigern, während beim Feinde die geschilderten Mängel das Gewicht seiner numerischen Uebermacht um vieles verringern müssen. 478 Nicht von der Masse, selbst wenn sie aus lauter wehrfähigen Männern besteht, hängt der günstige Ausgang eines Kampfes ab, sondern von der Tapferkeit der Krieger, mag auch deren Zahl eine geringe sein. Gerade die kleine Truppe ist schnell schlagfertig und flink zur gegenseitigen Unterstützung, während die übergroßen Truppenkörper sich selbst oft mehr schädigen, als dies von den Feinden geschehen könnte. 479 Die Juden folgen nur dem Impuls ihrer Verwegenheit und Tollkühnheit, also blinden Leidenschaften, welche zwar im Glücke mächtig aufflammen, aber beim kleinsten Unglück wieder auslöschen: bei uns dagegen hat die wahre Tapferkeit, die Subordination und der Hochgemuth die Führung, lauter Eigenschaften, welche, wie sie in glücklichen Waffenthaten ihre glänzendsten Blüten treiben, so auch im Unglück nie vollständig untergehen können. 480 Ihr habt auch um Höheres zu ringen,

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/287&oldid=- (Version vom 20.2.2020)