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bei uns die alte Satzung, dass man jene, die sich selbst entleibt haben, hinauswerfen und bis Sonnenuntergang unbegraben liegen lassen muss, obwohl wir es für eine heilige Pflicht halten, selbst dem Feinde sogleich ein Begräbnis zu schenken. 378 Bei anderen Völkern muss seit Alters sogar den Leichen der Selbstmörder die rechte Hand, mit der sie sich den Tod gegeben haben, abgehackt werden, weil man von der Anschauung ausgeht, dass die unnatürliche Feindschaft zwischen Leib und Seele auch zwischen Hand und Leib zum Ausdruck kommen müsse. 379 Darum wollen wir, meine Freunde, edelmüthig den Weg des Rechtes gehen und nicht noch zum menschlichen Leid eine Ruchlosigkeit gegen unseren Schöpfer fügen! 380 Zeigt sich uns Rettung, so wollen wir uns auch retten lassen: denn wahrlich nicht ehrlos kann ein Pardon aus der Hand derer sein, vor welchen wir durch solche Thaten den Beweis für unseren Heldensinn geliefert haben. Gilt es aber, zu sterben, nun so wählen wir den Tod der Braven, unter der Faust des Siegers! 381 Wenn ich mich aber jetzt zu dem römischen Heere hinaufbegebe, so geschieht das nicht in der Absicht, um an meinem eigenen Leib zum Verräther zu werden: ich wäre ja dann viel dümmer als jene, die einfach zum Feinde überlaufen, da diese dabei wenigstens ihre Rettung im Auge haben, während ich absichtlich stracks ins Verderben, in mein eigenes Verderben rennen würde. 382 Uebrigens wünschte ich sogar, dass das Ganze nur eine Falle von Seite der Römer wäre: Werde ich nämlich ungeachtet der Zusicherung der Gnade von ihnen massacriert, so werde ich guten Muthes sterben, weil ich dann den Trost mit mir nehmen kann, der mir lieber ist, als eine gewonnene Schlacht, dass der lügnerische Feind durch seine Treulosigkeit sich selbst entehrt hat.“

383 (6.) Dies und noch vieles andere sprach Josephus, um seinen Genossen den Selbstmord auszureden. 384 Aber Verzweiflung hatte ihnen die Ohren verstopft, wie das bei Leuten geschieht, die sich längst schon dem Tode geweiht haben, und so wurden sie nur noch aufgebrachter gegen ihn. Von allen Seiten drang man mit blanken Schwertern auf ihn ein und schalt ihn einen Feigling, so dass Josephus jetzt und jetzt gewärtigen musste, von einem aus ihnen niedergeschlagen zu werden. 385 Nur so, dass Josephus den einen bei seinem Namen nannte, den anderen mit seinem Feldherrnblick durchbohrte, einem dritten in die Hand fiel, einen vierten durch seine Bitte entwaffnete, und auf solche Weise in seiner Bedrängnis mit den verschiedensten Gefühlen rechnete, gelang es ihm, den allseits erhobenen Mordstahl vom tödlichen Stoße abzuhalten, indem er sich nach Art der Thiere, die bereits ein Kreis von Jägern umschlossen hat, immer gleich gegen jenen wandte, der ihm zu nahe kommen wollte. 386 Die Juden aber hatten sich trotz des

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/277&oldid=- (Version vom 1.8.2018)