eigenen Kräfte erst recht sich aufblähten. So warteten sie nur auf das Zeichen zum Losbrechen. 309 Vespasian aber beschloss, der Bewegung keine Zeit zu lassen und die revolutionären Pläne der Samariter zu durchkreuzen, da selbst von den im gesammten Samaritergebiet vertheilten römischen Besatzungen ein so zahlreicher und wohl vorbereiteter Feind, auch nur an einem einzigen Punkte des Landes concentriert, mit Recht zu fürchten war. 310 Er schickte also den Legaten der fünften Legion Cerealis mit 600 Reitern und 3000 Fußsoldaten dorthin ab. 311 In Anbetracht der feindlichen Uebermacht, die den Berggipfel besetzt hielt, schien es dem Cerealis zu gefährlich, dort hinaufzurücken und oben mit den Samaritern anzubinden: dafür umschloss er mit seiner Truppenmacht die ganze untere Seite und behielt so seine Gegner den ganzen Tag wohl im Auge. 312 Zum Unglück für die Samariter, denen es ohnehin an Wasser fehlte, herrschte gerade damals, da es Sommer war, auch noch eine ungeheure Hitze, und war die Menge nicht einmal mit dem Allernöthigsten versorgt. 313 Die Folge war, dass noch am nämlichen Tage einige vor Durst verschmachteten, viele andere aber, weil ihnen doch die Knechtschaft lieber war, als ein so elendes Ende, zu den Römern überliefen. 314 Als nun Cerealis von diesen Ueberläufern erfahren hatte, dass auch die noch zurückgebliebenen Samariter durch die Noth ganz gebrochen wären, zog er den Berg hinauf, umzingelte mit seinen Truppen den Feind und richtete an die Samariter zunächst die Aufforderung, sich auf Gnade zu ergeben, und bot ihnen die Hand zur Rettung, mit der bestimmten Zusicherung freien Abzuges, falls sie die Waffen niederlegen würden. 315 Sein Zureden half nichts, und so ließ er denn stürmen, wobei er alle, im Ganzen bei 11.600, niedermetzelte. So geschehen am 27. des Monates Däsius. Das war das große Unglück der Samariter.
316 (33.) Unterdessen hatte die Besatzung auf Jotapata immer noch Stand gehalten und wider Erwarten selbst der furchtbarsten Noth getrotzt, als am 47. Tage der Belagerung die Dämme der Römer selbst die Höhe der Mauer schon überschritten. 317 Da stellte sich nun am nämlichen Tage ein Ueberläufer bei Vespasian ein und brachte ihm die Kunde, dass die Zahl der Vertheidiger schon sehr zusammengeschmolzen und ungemein entkräftet wäre: 318 durch fortwährendes Nachtwachen und unausgesetzte Kämpfe erschöpft, würden sie, meinte der Verräther, wohl schon den nächsten Sturm nimmer aushalten können: aber ebenso sicher könnten sie durch einen listigen Handstreich überrumpelt werden, wenn einer die Keckheit dazu besäße. 319 Denn um die letzte Nachtwache, berichtete er weiter, pflegten selbst die Wachen einzuschlafen, weil sie um diese Zeit doch noch am wenigsten fürchten zu müssen glaubten,
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/270&oldid=- (Version vom 19.2.2020)