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mit den Schilden nach oben decken, wobei sie auch auf kurze Zeit zurückzugehen hätten, bis die Bogenschützen ihre Köcher geleert haben würden: 260 in dem Augenblick aber, wo die Sturmbrücken auf die Bresche fielen, sollten sie hinausstürzen und den Feinden über deren eigene Leitern entgegenstürmen. „Heute“, rief Josephus, „soll jedem Manne nicht mehr die Hoffnung für die bedrohte Vaterstadt, sondern nur die Rache für ihren bereits besiegelten Untergang den Arm im Kampfe führen! 261 Seht im Geiste jetzt nur mehr das Blut der Greise und Kinder, das alsbald fließen, den Tod euer Frauen, die von den feindlichen Kriegern gar bald hingemordet werden, und schleudert zuvor noch einmal die ganze Schale eures Ingrimms, die das Andenken an dieses kommende entsetzliche Leid bis zum Rande gefüllt hat, ihren Urhebern ins Gesicht!“

262 (26.) In dieser Weise hatte Josephus seine Mannschaft nach beiden Seiten hin vertheilt. Als nun die wehrlose Menge der Frauen und Kinder in der Stadt dieselbe von einem dreifachen Ring von Wachen, die nämlichen, die schon gleich anfangs aufgestellt und seitdem in keiner Weise zum Kampfe verwendet worden waren, umschlossen sah, und wie die Feinde mit blanken Schwertern vor der eingestürzten Mauer standen, als sie endlich den von Waffen blitzenden Bergabhang über ihnen und die Pfeile bemerkte, welche die arabischen Schützen schon vor sich auf der Bogensehne hielten, da brach sie, als wäre es wirklich das letztemal, in ein allgemeines Wehegeschrei über den Fall der Stadt aus, nicht anders, als wenn das Unheil, das noch bevorstand, schon hereingebrochen wäre. 263 Um nun zu verhüten, dass die Frauen durch ihren ergreifenden Jammer den Arm ihrer Angehörigen lähmten, schloss sie Josephus in die Häuser ein, mit dem strengen Befehle, sich ruhig zu verhalten. Dann begab er sich an den ihm durch das Los zugefallenen Platz vor der Bresche, 264 wo er sich durch die Manöver der Römer, die zunächst ihre Sturmleitern an anderen Mauerstellen anlehnten, nicht im geringsten stören ließ, dafür aber mit desto größerer Aufmerksamkeit den Ansturm der Geschosse gegen die Bresche abwartete.

265 (27.) Jetzt bliesen auf einmal die Trompeter sämmtlicher Legionen, und zu gleicher Zeit fiel das ganze Heer mit einem entsetzlichen Schlachtgeschrei in die Signale ein, und schwirrten auf das gegebene Zeichen in solcher Menge von allen Seiten die Geschosse heran, dass die Sonne förmlich verfinstert wurde. 266 Aber die Krieger an der Seite des Josephus hatten, eingedenk seiner Befehle, ihre Ohren gegen das Geheul und ihre Leiber gegen die Wurfgeschosse gewappnet, 267 und kaum dass die Römer die Sturmbrücken auf die Trümmer geworfen hatten,

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/265&oldid=- (Version vom 19.2.2020)