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ihnen zu empfangen, so dass er infolge dessen an allen jenen Lebensmitteln, die in der Stadt bereits ausgegangen waren, noch Ueberfluss hatte. 192 Er hatte dabei den Trägern, die hereinschlichen, die Weisung gegeben, die Strecke an den Wachposten vorbei zum größten Theil auf allen Vieren zurückzulegen und den Rücken mit einem struppigen Felle zu verdecken, damit sie, wenn schon ein Römer sie erspähen sollte, im Dunkel der Nacht ihnen wie Hunde vorkämen. Zuletzt durchschauten aber doch die Wachen diese Schliche und besetzten die Schlucht.

193 (15.) Da Josephus wohl einsah, dass die Widerstandskraft der Stadt in nicht langer Zeit erschöpft sein dürfte, und dass dann im Falle seines Verbleibens auch für ihn selbst jeder Rettungsweg ausgeschlossen wäre, so dachte er im Vereine mit den Häuptern der Stadt an ein heimliches Entweichen. Doch das Volk ward es inne, und alsbald umgab ihn eine wogende Menge, die ihn auf den Knien anflehte, sie nicht ihrem Schicksale zu überlassen, da sie auf ihn allein ihr Vertrauen gesetzt hätten: 194 seine Person, sagten sie, sei ja noch der einzige Hoffnungsanker für die bedrohte Stadt, da schon dem Josephus zu Liebe, wenn er bliebe, Jedermann mit Begeisterung im Kampfe alle seine Kraft einsetzen würde: sollten sie aber mit der Stadt auch fallen, so werde seine Gegenwart ihnen wenigstens das Unglück versüßen. 195 Weiter verlange es von ihm auch die Ehre, dass er weder seinen Feinden den Rücken kehre, noch seine Freunde im Stiche lasse und das Steuerruder durch seine Flucht der Wuth des Sturmes preisgebe, dessen Leitung er bei glatter See, sozusagen, in die Hand genommen habe. 196 Ja, ihn würde die Schuld treffen, die Stadt in den völligen Untergang hineingetrieben zu haben, da nach dem Weggang des Mannes, der alles aufrecht erhalten, Niemand mehr es wagen würde, den Feinden Widerstand zu leisten.

197 (16.) Josephus erklärte ihnen nun, indem er wohlweislich die Rücksicht auf die eigene Sicherung verschwieg, dass er nur in ihrem Interesse seine Flucht bewerkstelligen wolle: 198 denn bliebe er in der Stadt, so könnte er, auch wenn sie glücklich daraus kämen, zu diesem guten Ausgang nicht gar viel beitragen; im Falle der Eroberung aber würde er sich ganz unnützerweise mit ihnen hinopfern. Würde er sich dagegen aus der belagerten Stadt hinausstehlen, so könnte er ihnen von außen her auf die wirksamste Weise zu Hilfe kommen, 199 indem er die Landbevölkerung Galiläas in aller Eile zum Sturme aufbieten und die Römer, um sie von Jotapata abzulenken, auf ein anderes Schlachtfeld locken würde. 200 Er sehe in der That nicht ein, was er ihnen jetzt mit seinem Sitzenbleiben in der Stadt für einen Dienst erweisen könnte, höchstens den, dass seine Anwesenheit die Römer noch

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/258&oldid=- (Version vom 19.2.2020)