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die Römer die empfindlichsten Verluste erlitten, ohne den Feinden auch zu nur den geringsten Schaden thun zu können. Auf dem ganzen Wege sank bald da, bald dort einer, getroffen und aus seiner Reihe gerissen, zu Boden, bis man endlich nach vielen Verlusten, worunter besonders Priscus, der Lagerpräfect der sechsten Legion, der Tribun Longinus und der Anführer eines Reitergeschwaders, Aemilius Jucundus, hervorzuheben wären, mit harter Mühe zum früheren Lager in Gabao gelangte, nachdem man auch noch den größten Theil der Bagage eingebüßt hatte. 545 Hier blieb Cestius zwei Tage, ohne zu wissen, was er beginnen sollte. Als er aber am dritten Tage noch weit mehr Feinde, ja, alles rund herum voll Juden sah, kam er zur Einsicht, dass er nur zu seinem eigenen Schaden gewartet habe, und falls er noch länger bliebe, nur desto mehr Feinde finden würde.

546 (8.) Um den Rückzug rascher zu bewerkstelligen, befahl Cestius, alles, was das Heer im Marsche behindern könnte, daran zu geben. Demzufolge schlug man alle Maulthiere, Esel und alle sonstigen Lastthiere mit Ausnahme jener ab, die die Geschosse und Kriegsmaschinen transportierten: auf letztere musste man schon wegen ihres Wertes im Felde und ganz besonders darum sorglich Bedacht nehmen, weil zu fürchten stand, dass sie, einmal von den Juden erbeutet, gegen die Römer gerichtet werden könnten. So brach nun Cestius mit dem Heere gegen Bethhoron auf. 547 So lang man sich auf mehr flachem Terrain bewegte, merkte man den nachsetzenden Feind nicht so stark, wie man aber beim Abstieg in die Engpässe sich zusammendrängen musste, da eilte ein Theil der Feinde voraus, um den Römern den Ausgang zu verlegen, während andere mit aller Gewalt noch die letzten im Zug in die Schlucht hinunterzudrängen suchten. Ihre Hauptmacht aber hatte sich zur Seite über der Steilwand des Weges postiert und bedeckte die römische Heeressäule mit einer Wolke von Geschossen. 548 War es da schon für die Fußsoldaten schwierig, sich zu helfen, so war die Gefahr für die Reiter eine noch ernstere, da sie weder die Marschordnung bergab unter dem Geschossregen einhalten, noch auch den jähen Abhang gegen die Feinde hinansprengen konnten. 549 Gegen die andere Seite zu waren lauter Abgründe und Schluchten, ein Fehltritt – und Mann und Ross lagen in der Tiefe! Ohne jeden Ausweg zur Flucht und ohne alle Aussicht auf Vertheidigung überließ man sich in dieser ohnmächtigen Lage lauten Weheklagen und dem ganzen Jammer der Verzweiflung. Als Echo antwortete ihnen nur das anfeuernde Commando, der Siegesjubel und das Wuthgeheul der Juden. 550 Auf ein Haar hätten die Juden die ganze Macht des Cestius aufgehoben, wenn nicht die Nacht dazwischen gekommen wäre, unter deren Schutze

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/220&oldid=- (Version vom 18.2.2020)