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neuen Muth und versicherten sich wenigstens der Oberstadt, da die Aufständischen bereits Herren der Unterstadt und des Tempels waren. 423 Ohne Unterbrechung hatte man die Hand an Stein und Schleuder, und in einemfort flogen die Pfeile von beiden Seiten hin und her. Hie und da machten auch einzelne Trupps Ausfälle und kämpften Mann gegen Mann, wobei die Rebellen sich durch größere Verwegenheit, die Königlichen aber durch ihre militärische Erfahrung hervorthaten. 424 Während die Letzteren alles einsetzten, um sich namentlich des Heiligthums zu bemächtigen und die Tempelschänder daraus zu verjagen, waren die um Eleazar gescharten Aufrührer bemüht, zu den bisherigen Positionen auch noch die Oberstadt zu gewinnen. So zog sich dieser für beide Theile gleich mörderische Kampf schon sieben Tage lang hin, und noch immer wollte keiner der Gegner sich von der einmal ergriffenen Stellung verdrängen lassen.

425 (6.) Am folgenden Tage fiel das Fest des Holztragens ein, an welchem es der Brauch ist, dass jeder Holz für den Altar herbeiträgt, damit es dem Feuer, das ohne Unterbrechung fortbrennen muss, nie an Nahrung mangle. Natürlich ließen die Rebellen ihre Gegner bei dieser gottesdienstlichen Uebung nicht mitthun, wohl aber nahmen sie die Bundesgenossenschaft der vielen Sicarier an, die sich bei dieser Gelegenheit unter dem wehrlosen Volke in den Tempel eingeschlichen hatten, und die, wie ihr Name sagt, nach Banditenart Dolche in den Busenfalten versteckt hielten, und nun betrieb man mit noch größerer Verwegenheit den Angriff. 426 Da die Königlichen an Zahl, sowie an feuriger Entschlossenheit hinter den Feinden zurückstanden, so mussten sie endlich vor ihrem Ansturm auch aus der Oberstadt zurückweichen. Die eingedrungenen Rebellen legten sofort den Palast des Hohenpriesters Ananias, wie auch das Königsschloss des Agrippa und das der Berenice in Asche, 427 worauf sie zum Archivgebäude zogen, um auch hier Feuer anzulegen. Denn man wollte vor allem die Hypothekarbücher beseitigen und die Hereinbringung der Schuldsummen vereiteln, um auf diese Weise aus den Reihen der also beglückten Schuldner einen großen Zuwachs zu erhalten und den Aermeren jede Scheu vor dem Losschlagen gegen die Wohlhabenden, zu dem man sie reizen wollte, zu benehmen. Da die Archivbeamten die Flucht ergriffen hatten, so konnte man ohneweiters das Gebäude in Brand stecken. 428 Nachdem so gleichsam der Rückgrat des städtischen Körpers in den Flammen gebrochen war, wandte man sich wieder gegen den Feind. In diesem kritischen Augenblicke suchte sich ein Theil der Vornehmen und Hohenpriester ein Versteck in den unterirdischen Gängen, während die übrigen, darunter der Hohepriester Ananias und sein Bruder Ezechias, sowie

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/204&oldid=- (Version vom 18.8.2016)