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397 Es wird doch schließlich Niemand im Ernste glauben, mit seinem Feinde nach bestimmten Abmachungen kämpfen zu können, und dass die Römer nach ihrem Siege mit euch gnädig umgehen und nicht vielmehr zum abschreckenden Exempel für die anderen Völker die heilige Stadt niederbrennen und eure Nation mit Stumpf und Stiel ausrotten werden! Ich sage: mit Stumpf und Stiel, da nicht einmal die letzten Volksreste einen Zufluchtsort werden auffinden können, indem alles die Römer entweder schon zu Herren hat oder wenigstens zu bekommen fürchten muss. 398 Uebrigens werden durch den Krieg nicht bloß die Juden hier im Stammlande, sondern auch jene gefährdet, die in fremden Städten sich niedergelassen haben. Gibt es ja doch auf der ganzen bewohnten Erde kein Volk, das nicht Glieder eurer Nation bei sich hätte. 399 Greift ihr nun zu den Waffen, so werden alle diese eure Landsleute von ihren Widersachern niedergemetzelt werden, und wegen ein paar Uebelberathener werden alle Städte mit den Leichen gemordeter Juden angefüllt. Man könnte es den Heiden schließlich auch nicht so verargen, wenn sie sich dazu hinreißen ließen. Ist aber von ihrer Seite vorauszusetzen, dass solches nicht geschieht, so müsstet ihr erst recht bedenken, wie frevelhaft es wäre, gegen so humane Leute die Waffen zu erheben. 400 Lasset euch doch zum Mitleid, wenn schon nicht mit euren Kindern und Frauen, so doch mit dieser eurer Hauptstadt und ihren heiligen Mauern bewegen! Schonet doch eures Heiligthums und erhaltet euch das Tempelhaus mit seinen gottgeweihten Gefäßen. Die siegreichen Römer werden auch vor diesen umsoweniger mehr Halt machen, als gerade ihre frühere Schonung für den Tempel einen so schlechten Dank geerntet hat.

401 Ich rufe nun für meine Person alle diese eure Heiligthümer, ich rufe die heiligen Engel Gottes, ich rufe die gemeinsame Vaterstadt zu Zeugen an, dass ich keine Mahnung unversucht gelassen habe, um euch vom Verderben zu retten. Euch aber steht es frei, entweder rechten Rathes zu pflegen und so mit mir das Glück des Friedens zu theilen, oder aber von eurer Leidenschaft euch hinreißen zu lassen und ohne mich den Sprung ins dunkle zu wagen!“

402 (5.) Am Ende seiner langen Rede traten dem König wie seiner Schwester die Thränen in die Augen, und ihr Weinen brach die Kraft des revolutionären Sturmes. Man schrie nur zu ihnen hinauf: „Wir wollen ja nicht mit den Römern, sondern bloß mit Florus wegen der erlittenen Unbilden Abrechnung halten!“ 403 worauf der König entgegnete: „Aber das, was ihr treibt, ist ja doch schon die reinste Rebellion gegen Rom! Denn ihr habt dem Kaiser die Steuer nicht gezahlt und die Hallen an der Antonia abgerissen! 404 Ihr könnt die

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/200&oldid=- (Version vom 17.2.2020)