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vom Kaiser auch das Recht des Blutbannes erhalten hatte. 118 Unter diesem trat ein Mann aus Galiläa, Judas mit Namen, auf, welcher seine Mitbürger zum Abfall von Rom zu verleiten suchte und sie für Feiglinge erklärte, wenn sie es über sich brächten, an die Römer Steuern zu entrichten, und wenn sie außer Gott dem Herrn noch sterblichen Gewalthabern dienen wollten. Er gründete auch mit seinen Ansichten, die mit den übrigen keinerlei Verwandtschaft haben, eine eigene Secte.

119 (2.) Es bestehen nämlich bei den Juden drei Arten von philosophischen Secten: die Anhänger der ersten heißen Pharisäer, die der zweiten Sadducäer, die der dritten führen den Namen Essener, da sie in der That auch im Rufe einer besonderen Pflege der inneren Frömmigkeit stehen. 120 Obschon Juden von Geblüt, wie die anderen, hängen sie doch weit mehr aneinander, als das bei den übrigen der Fall ist. Sie fliehen die Vergnügungen als etwas verwerfliches und sehen in der Enthaltsamkeit und in dem Widerstande gegen die Leidenschaften die wahre Tugend. Die Ehe steht bei ihnen in keiner besonderen Achtung, dafür nehmen sie aber die Kinder anderer Leute an, solange dieselben noch im zarten Alter stehen, wo sie am gelehrigsten sind. Sie halten dieselben dann so, als wären sie ihre leiblichen Kinder, und bilden sie ganz nach ihrem eigenen Muster. 121 Sie thun das aber nicht aus dem Grunde, weil sie etwa die Ehe und die Zeugung einer ehelichen Nachkommenschaft ganz beseitigen möchten, sondern bloß darum, weil sie die Zügellosigkeit der Weiber fürchten und von der Ueberzeugung ausgehen, dass keine einzige Frau ihrem rechtmäßigen Gatten die Treue bewahre.

122 (3.) Sie sind Verächter des Reichthums, und es herrscht ein ganz wunderbarer Geist der Gütergemeinschaft unter ihnen, so dass man wohl niemand bei ihnen antrifft, der ein hervorragenderes Besitzthum hätte. Denn es ist Gesetz bei ihnen, dass alle, die in die Secte eintreten, ihr Vermögen der ganzen Körperschaft opfern müssen, was zur Folge hat, dass man unter ihnen nirgends weder vom Elend der Armut noch von des Reichthums Ueberfluss etwas gewahrt, sondern, da das Besitzthum eines jeden mit dem der übrigen verschmolzen ist, alle Mitglieder, wie Brüder, nur ein einziges Eigenthum zusammen besitzen. 123 Oel besudelt nach ihrer Anschauung den Menschen: wenn sich einer darum nothgedrungen hat salben müssen, so wird der Leib wieder abgerieben, da sie große Stücke auf eine Haut halten, die nicht fettig ist, wie auch auf das beständige Tragen von weißen Kleidern. Jene Personen, welche die Sorge um die gemeinsamen Güter auf sich zu nehmen haben, werden auf dem Wege der Wahl dazu bestimmt, und

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/159&oldid=- (Version vom 1.8.2018)