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andererseits jedoch auch die Ungnade des Kaisers fürchten mussten, falls sie sich vor ihm in Mitte der Ankläger sehen ließen. 83 Außer den Genannten hatte sich auch Philippus, der Bruder des Archelaus, eingefunden, nachdem er von dem wohlmeinenden Varus die Anregung, wie auch ein ehrenvolles Geleite für diese Reise erhalten hatte, die einen zweifachen Zweck verfolgen sollte, nämlich einmal den Archelaus in seinem Kampfe um die Krone zu unterstützen oder, falls der Kaiser die Herrschaft des Herodes unter alle seine Nachkommen theilen sollte, ihm selbst auch einen Antheil daran von seiner Gnade zu verschaffen.

84 (2.) Nach Ertheilung des Wortes ergiengen sich die Ankläger zuerst ausführlich über die Frevelthaten des Herodes: „Nicht unter einem König,“ sagten sie, „sind wir gestanden, sondern unter einem der grausamsten Tyrannen, die es je gegeben hat. Hat er ja doch den größten Theil des Volkes zur Schlachtbank geführt, die Ueberlebenden aber in einer Weise tractiert, dass man die Ermordeten noch glücklich preisen musste. 85 Denn nicht zu reden davon, dass er einzelne Unterthanen an ihrem physischen Leibe mit seinen Folterwerkzeugen schinden ließ, hat er selbst ganze Städte, sozusagen, ausgeschunden: ja bis aufs Blut hat er die eigenen Städte ausgesaugt, um mit dem erpressten Gelde die heidnischen Städte zu verschönern und das Mark unseres Landes an wildfremde Nationen zu verschwenden. 86 Von seinem alten Wohlstand und seiner altväterlichen Strenge hat er das Volk in den Abgrund der tiefsten Armut und Sittenverderbnis hinabgestoßen: mit einem Worte: wir Juden haben innerhalb weniger Jahre unter Herodes eine größere Summe von Leiden durchgemacht, als unsere während der Regierung des Xerxes heimgekehrten Ahnen die ganze Zeit über seit ihrer Rückkehr aus Babylon erduldet haben. 87 Durch das fortwährende Unglück abgestumpft, haben wir uns sogar so weit erniedrigt, dass wir es über uns gebracht haben, aus freien Stücken die bitter empfundene Knechtschaft selbst erblich zu machen, 88 indem wir den Archelaus, den Sprössling eines solchen Wütherichs, nach dem Tode seines Vaters unaufgefordert »König« tituliert, an seiner Trauer über das Ableben des Herodes Antheil genommen und ihm zu seiner Thronbesteigung Glück gewünscht haben. 89 Dieser Mensch nun hat im Gegentheil, gleichsam als wollte er sich alle Mühe geben, um nicht als Bastard des Herodes angesehen zu werden, den Weg zum Throne mit dem Blute von 3000 Bürgern bespritzt, und die Leichenmassen, die er am hohen Festtage im Heiligthum angehäuft, das waren seine erste glänzende Opfergabe um eine gottgesegnete Regierung! 90 Kein Wunder, wenn dann die wenigen, die so viele Quälereien noch überdauert haben, endlich einmal gegen ihr grausames Schicksal

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/154&oldid=- (Version vom 13.2.2020)