König Lysanias und der Araberfürst Malchus beiseite geschafft worden waren, nur zu gut kannte, um sich nicht ausrechnen zu können, dass ihm nicht bloß die Wegnahme der Gattin, sondern auch der Tod drohe.
441 (4.) Herodes übergab nun unmittelbar vor seiner Reise (zu Antonius) seine Frau der Hut des Josephus, des Mannes seiner Schwester Salome, welcher verlässlich und ihm als Schwager auch wohlgesinnt war, gab ihm aber auch den geheimen Auftrag, Mariamne zu tödten, falls auch Herodes von Antonius getödtet werden sollte. Josephus ließ sich jedoch in Gegenwart der Mariamne das Geheimnis entschlüpfen, keineswegs infolge einer schlimmen Beziehung zur Königin, sondern einzig zu dem Zwecke, ihr die Liebe des Königs vor Augen zu stellen, wie er nicht einmal im Sterben die Trennung von ihr ertragen könnte. 442 Als nun Herodes wieder zurückgekommen war und einstmal in vertraulichem Umgange hoch und theuer der Mariamne seine Zuneigung beschwor und sogar erklärte, wie er niemals an einer anderen Frau Gefallen finden könne, erwiderte sie: „Trau’n, sehr bündig hast du deine Liebe zu uns durch den Auftrag an Josephus bewiesen, ich meine deinen Mordbefehl gegen mich!“
443 (5.) In dem Augenblick, als Herodes die Königin in das Geheimnis eingeweiht sah, war er ganz außer sich und raste vor Wuth, indem er schrie, dass Joseph nie und nimmer den Auftrag vor Mariamne ausgeplaudert haben würde, wenn er sie nicht auch verführt hätte. Er sprang von seinem Lager auf und stürmte ganz wild durch die Gemächer seines Palastes. In dieser Situation benützte seine Schwester Salome rasch den wirksamsten Moment für ihre Verleumdungen und verstärkte den Verdacht des Herodes gegen Joseph. Ganz toll vor unbändiger Eifersucht befahl er denn auch, beide auf der Stelle hinzurichten. 444 Alsbald aber folgte der Aufwallung die Reue, und wie der Grimm verraucht war, glomm wieder die alte Liebe empor. So gewaltig war die Sehnsucht, die ihn verzehrte, dass er nicht einmal an ihren Tod glauben mochte, und in seiner Geistesstörung sie sogar ansprach, als ob sie noch am Leben wäre, bis mit der Zeit das klare Verständnis wiederkehrte, mit ihm aber auch ein Trauerschmerz um die Todte, so tief, wie nur seine Liebe zu ihr im Leben gewesen war.
445 (1.) Der Hass der Mutter vererbte sich indes auch auf die Söhne, die natürlich ihren Vater wie einen Todfeind nur mit misstrauischen Augen ansehen konnten, so oft sie sich die an ihrer Mutter verübte Greuelthat zu Gemüthe führten. Zeigte sich das schon früher während
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/094&oldid=- (Version vom 11.2.2020)