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Richard Foerster
Von Wilhelm Kroll.

Zu einer Jubelfeier hatten wir gehofft, uns am 2. März in diesen Räumen zu vereinigen: nach menschlichem Ermessen hätte Richard Förster an diesem Tage unter Teilnahme weitester Kreise in der Frische, die wir oft an ihm bewundert haben, seinen 80. Geburtstag feiern können. Nun ist aus der Jubelfeier eine Trauerfeier geworden; die unerbittliche Hand der Parze hat den scheinbar noch so kräftigen Lebensfaden abgeschnitten und dem rastlosen Wirken des unermüdlichen Mannes ein Ziel gesetzt. Wir müssen die Fackeln, die wir hoch zum Himmel heben wollten, trauernd zu Boden senken, aber wir wollen nicht in weichliche Klagen ausbrechen, sondern uns den Inhalt dieses reich gesegneten Lebens in kurzem Überblick vergegenwärtigen.

Der äußere Gang von Försters Leben ist schlicht, wie es bei deutschen Gelehrten der Fall zu sein pflegt. Er war am 2. März 1843 in Görlitz geboren und aus dem gewerbetreibenden Mittelstand hervorgegangen; dieser Herkunft hatte er wohl den Sinn für die Realitäten des Lebens und die Freiheit von aller unklaren Phantasterei zu danken, die einen Grundzug seines Wesens ausmachte. Die landschaftlichen und künstlerischen Reize seiner schönen Heimatstadt mögen schon früh in ihm die Liebe zur Kunst geweckt haben, die seinen Arbeits- und Interessenkreis wesentlich bestimmen sollte. Mit zehn Jahren wurde er in das altberühmte Gymnasium Augustum aufgenommen, das ihm die Liebe zum Altertum, namentlich zur griechischen Literatur, ins Herz pflanzte. Die Schule war von je ein Paradies für erlaubte Schülerverbindungen, und auch Förster hat einer solchen angehört, den Septem, einem exklusiven Kreise tüchtiger Schüler, von dem Alte Herren noch heute leben und bisweilen tagen. Als Förster im Jahre 1861 die Universität bezog, wählte er als Studienfach die klassische Altertumswissenschaft; er ging zuerst nach Jena, wo er das Band der Arminen trug und sich besonders an Mor. Schmidt anschloß. Aber schon im Winter wandte er sich nach Breslau und verbrachte hier seine übrige Studienzeit, außer durch Hertz und Roßbach besonders durch F. Haase gefördert, zu dem er in nahe persönliche Beziehungen treten durfte. Er promovierte im Juni 1866 und fand rasche Anstellung am hiesigen Magdalenengymnasium, dem er bis zum Jahre 1875 angehörte; aber daneben wurde er schon im Herbst 1866 Privatdozent an der Universität. Er habilitierte sich mit einer Arbeit über die Attraktion der Relativsätze, die eine Fortführung seiner Doktorarbeit war; kein Geringerer als H. Steinthal begrüßte sie mit Freuden, weil sie mit

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Wilhelm Kroll: Richard Foerster (Nachruf). , Breslau 1919–1924, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahresbericht_der_Schlesischen_Gesellschaft_097_001.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)