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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

von einer mächtigern Intelligenz und Energie bedroht sehen würde.“ Und weiter unten heisst es von den Deutschen: „Bei uns selbst, der reichsten und mächtigsten deutschen Gemeinde, herrscht ein Einschüchterungssystem, so dass kein Krämer einen Laden ohne ungarische Aufschrift zu eröffnen wagt, die unter hundert Einwohnern kaum einer zu lesen weiss.“ Und zum Schlusse wird als Grund, dass keine deutsche politische Zeitung existire, „welche im Interesse einer so grossen und intelligenten Volkszahl die Rechte der Freistädte und der Deutschen dem Magyarismus gegenüber wahren könnte,“ der angegeben, dass in Pesth kein Redakteur „ohne Gefährdung seiner persönlichen Sicherheit“ jenem Fanatismus in diesem Sinne entgegen zu treten wagen darf. — Nr. 88 werden die „magyarischen Juden“ sehr belobt, weil „in allen jüdischen Schulen die magyarische Sprache ein Gegenstand des Elementarunterrichts geworden ist, auf vielen jüdischen Kanzeln die magyarischen Laute ertönen, und ein Jude, Moritz Bloch, der Erste, welcher die Bibel ungarisch übersetzte und commentirte, und jetzt auch der Erste ist, welcher ein magyarisch-deutsches Wörterbuch herausgiebt, ist sogar Mitglied der ungarischen Akademie.“ Und doch war noch vor zehn Jahren die Sprache der Magyaren dem hierländischen Juden eine fremde, die er weder sprechen noch schreiben konnte, ja noch viel fremder als z. B. die englische, wenn sie ihm nicht gar verächtlich war.

 Časopis českeho Museum. 1843. 1stes Hft. I. Das letzte von Schafarik redigirte Heft, in welchem dieser ehrwürdige Veteran mit einem „Worte über die böhmische Rechtschreibung“ von der Redaktion abtritt. Der orthographische Streit in Böhmen ist ein alter; kaum sind die Differenzen über і und у beseitigt (keineswegs entschieden), da fängt man über J і, і und j, über au und ou zu disputiren an; j wird nun fast allgemein zur Bezeichnung des Jotlautes angenommen, und das mit Recht; ou statt au weist Schafarik zurück, weil dies den übrigen slawischen Dialekten näher und auch analogischer ist. V statt w einzuführen räth er aber ein für allemal ab; es ist dies die neueste, aber wahrhaftig schon eine übertriebene, eine überflüssige, und vor Allem eine antipanslawische Neuerung. II. Ueber das galizische und ungarische Russinenland von J. F. H. Eine geographische und historische Uebersicht von vielfachem Interesse. Die ethnographischen und statistischen Nachrichten bilden eine interessante Partie dieses Artikels. Galizien hat 2,216,233 Russinen zur Bevölkerung. Sie bewohnen die 12 östlichen Kreise des Landes. In Ungarn bewohnen die Russinen die nordöstlichen Gespannschaften[WS 1]; davon sind kompakt 411,500, ausserdem zerstreut in der Gömörer, Byharer und den westlichen Gespannschaften etwa 60,000 Russinen. Diese Angaben sind aus den Konsistorialberichten entnommen und haben daher die grösste Wahrscheinlichkeit für sich. III. Ueber Gefühl und Verstand von Klacel. Eine tüchtige und gründliche Abhandlung, welche dem regsamen Forscher, der bei aller Kenntniss der deutschen Philosophie seine Selbstständigkeit bewahrt hat, alle Ehre macht. IV. Homer u. seine Werke, ven Winařicky. Eine einleitende Abhandlung über Homers Schriften und Proben aus dem ersten Gesange der Ilias in quantitativen Hexametern mit gegenüberstehender prosaischer Uebersetzung. Eine nach der Uebersetzung von Wlczkowsky überflüssige Arbeit, wenn sie nicht aus der Feder des alten Meisters käme. V. Nachträge zu der ethnographischen Karte des Königreichs Böhmen von Smetana. Der Verf. wünscht eine genaue Gränze der böhmischen und deutschen Bevölkerung in Böhmen, die genaue Angabe der alten und acht böhmischen Namen von Städten, Dörfern, Bergen, Flüssen u. dergl. und überhaupt eine genaue ethnographische Karte von Böhmen hergestellt zu sehen. Dazu fordert er seine Landsleute zur Mitwirkung auf. Ueber den Bunzlauer Kreis hat Herr Ptaczek, über den Budweiser Herr Palacky entsprechende Abhandlungen geliefert. Smetana giebt eine solche vom Pilsener und Klatauer Kreise, denen er noch „Böhmische Denkmäler in germanisirten Städten“, eine sehr interessante Abhandlung, beigiebt. VI. Fragmente aus der russisch-mongolischen Geschichte nach Hammer von Purgstall von Schembera, eine Fortsetzung aus den früheren Jahrgängen. — Unter den literarischen Nachrichten berichtet Bek über eine alte Handschrift, eine Auslegung der festtäglichen Evangelien enthaltend, die er in dem Städtchen Wodnjan gefunden; wichtig in philologischer Hinsicht. — 2tes Heft. I. Ein Mandat der Gräfin von Berka aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts, ein interessantes Dokument, ebenso wichtig für das altböhmische Recht, als durch den kernigen, bündigen und prägnanten Kanzleistyl, den man darin findet. II. Die Fragmente aus der russisch-mongolischen Geschichte beendet. III. Nachrichten über einige Personen aus der Bruderunität von den Jahren 1542 bis 1551, von Čelakowsky mitgetheilt, dem dieselben handschriftlich zugeschickt wurden, und der sie dem Martin Klatowsky zuschreibt. IV. Ein Beitrag zur Geschichte der böhmischen Reformation, d. i. jener von Ferdinand angeordneten Wiederbekehrung des protestantisch gewordenen böhmischen Volkes zum Katholicismus im Jahre 1627; nach einer gleichzeitigen Handschrift: „Erinnerungen der zum katholischen Glauben bekehrten Menschen“, welche in der Bibliothek des Grafen Kolowrat in Brezno aufbewahrt wird. V. Rede, gehalten in der ehrwürdigen Versammlung der verbrüderten Kirchen in Boston von William Canning. A. d. Engl. VI. Untersuchung über das Adjektiv

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Druckfehler. Gespannschaflen in der Vorlage.
Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/305&oldid=- (Version vom 13.2.2020)