eben. Der Nachbarin von drüben Mann, der kleine Bauer, hat im Walde beim Holzhacken unter einer Eiche eine große Kiste mit Geld gefunden.“
Die Schwägerin hielt auch reinen Mund und trug die Sache zu des Küsters Frau; und ehe die Sonne untergegangen war, kam die Sache vor den Amtmann. Der ließ den Bauer vor sich rufen und sprach:
„Ich weiß alles! Du hast einen Kasten Geld gestohlen, der steht unten in deinem Keller. Heraus mit dem Gelde!“
„Nein, gnädiger Herr“, antwortete der Bauer, „das ist die Wahrheit nicht. Ich bin so arm, wie eine Kirchenmaus, aber ein ehrlicher Kerl, und habe nichts gestohlen.“
„Das wird sich finden, alter Freund“, versetzte der Amtmann, „deine Frau hat es selbst gesagt.“
„Ach, gnädiger Herr, meine Frau ist verrückt.“
„Geh’ er nur! Ueber vierzehn Tagen ist Gerichtssitzung, da wollen wir sehen, ob seine Frau verrückt ist.“
Dem Bauer war gar nicht wohl, als er vom Edelgut ging, und er dachte an die Worte, welche das steinalte Mütterchen unter der Eiche zu ihm gesprochen hatte. Aber er verlor den Mut nicht, machte, daß er nach Hause kam, und nahm aus der Kiste eine gute Handvoll Thaler heraus; dann spannte er an, stieg auf den Wagen und fuhr in die Stadt. Dort kaufte er von den Bäckern alle Kringeln auf, die sie vorrätig hatten, so daß er wohl einen halben Wispel davon auf den Wagen zu laden hatte. Damit fuhr er nach Hause zurück und streute die Kringeln auf dem Hofe aus, derweile seine Frau in der Küche stand und etwas Gutes in der Pfanne hatte. Ein
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/50&oldid=- (Version vom 1.8.2018)