„Komm her!“ rief er zornig. „Soll ich denn zweimal befehlen?“
Da dachte sie: „Wir sind allein im Walde; und wenn ich nicht gehorche, so geht es an dein Leben. Wenn er das Windspiel, den Falken und das Pferd nicht verschonte, so wird er auch deiner nicht schonen!“ Und sie ließ sich den Sattel geduldig umlegen, und als ihr Mann sich auf ihren Rücken gesetzt hatte, kroch sie auf allen vieren mit ihm fort.
Ein paar Schritte ging es; dann fing sie bitterlich an zu weinen.
„Was ist dir denn?“ fragte er.
„Ach, Herzensmännchen“, antwortete sie, „den Sattel will ich ja gerne tragen, aber dich nicht.“
„Ist dir der Sattel denn lieber, wie ich!“ rief er zornig.
„Ach, Herzensmännchen“, antwortete sie in Todesangst, „du hast mich falsch verstanden, du bist mir zu schwer, ich kann nicht mehr weiter; aber den Sattel will ich dir gerne tragen!“
Sprach der Graf: „Wenn du mich nicht tragen kannst, kann mir auch der Sattel nichts nutzen,“ schnallte ihn ab und warf ihn in das Gebüsch. Dann gingen sie zu Fuß ihres Weges weiter.
Als sie vor seinem Schlosse angelangt waren, sprach er zu seinem Weibe:
„Höre, Frau, du sollst es gut bei mir haben, denn ich bin reich, und es wird dir an nichts fehlen. Ziehst du aber ein einziges Mal ein schiefes Gesicht, wenn ich dir etwas sage, so bist du des Todes.“
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)