hatte, um es zum Weihnachtsfest an die Leute zu bringen. Eins fix drei hatte der Küster das Zeug aus dem Sack herausgepackt und dafür die Großmutter hineingelegt, dann machte er, daß er mit dem Zeuge und dem leeren Sack in das Schulhaus zurückkam.
Der Jude war so müde, daß er die ganze Nacht auf dem Steine zubrachte; denn in den Krug ging er nicht, dazu war ihm der Groschen Schlafgeld zu schade. Als nun der Morgen anbrach, sprach er bei dem Prediger vor und fragte ihn, ob er nichts zum Feste einkaufen wolle.
„Kram deinen Pack nur auf,“ erwiderte der Pastor. Kaum hatte der Jude jedoch den Knoten gelöst und den Sack zurückgeschlagen, so rief er:
„Weh mir, weh mir, was ist geschehen! Hab’ ich gehabt Zeug, steckt nun im Sack eine Leiche.“
Und da er, wie alle Juden, vor Toten eine große Furcht hatte, lief er davon, ließ Sack und Pack im Stich und wurde in dem Dorfe nie wieder gesehen.
Der Pastor aber ging zum Küster und sprach:
„Nun hatte er die alte Hexe so hübsch über den Kreuzweg gebracht, da muß sie der dumme Jude finden und zu mir ins Haus schleppen. Küsterchen, trag’ er sie noch einmal über den Kreuzweg!“
„Bei Leibe nicht, Herr Pastor,“ antwortete der Küster, „da ist mir denn doch meine Seele zu lieb!“
„Ach, Küsterchen, es gilt eine gute Sache,“ bat der Pastor, „er soll auch noch einmal hundert Thaler erhalten.“
„Über den Kreuzweg tragen nützt nichts mehr,“
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/122&oldid=- (Version vom 1.8.2018)