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Ich hab es darum in die große Kiste gepackt. Sei er so gut, und heb’ er ’s mir auf, bis ich zurückkehre.“

„Recht gern,“ erwiderte der Küster; und des Pastors Knecht und Magd griffen zu und trugen den großen Kasten in des Küsters Stube.

Um Mittag setzten sich die Küstersleute zu Tische und aßen. Da sprach der kleine Sohn:

„Mutter, des Pastors fette Hammel schmecken doch besser, als trockene Kartoffeln.“

„Halt’s Maul, Junge,“ rief der Vater, „du wirst uns noch einmal verraten! Dann schlag’ ich dir aber die Knochen im Leibe entzwei.“

In dem Augenblicke stieß die alte Großmutter den Deckel der Kiste auf, steckte den Kopf heraus und sagte:

„Ich habe es mir immer gedacht, daß ihr die Hammel gestohlen hättet; nun könnt ihr es nicht mehr leugnen.“

„I, du verdammter Spion,“ rief der Küster voll Zorn, „willst du das Land verraten?“

Dann ergriff er einen Hammer und schlug damit der alten Großmutter so lange auf den Kopf, bis sie tot war. Darauf nahm er ein großes Stück Wurst und eine Semmel von den Lebensmitteln, die in der Kiste lagen, und steckte es ihr in den Hals, daß es schien, als ob sie daran erstickt wäre. Darnach nagelte er die Kiste wieder zu.

Den dritten[1] Tag war der Pastor schon von der Reise zurück und ließ die Kiste in das Pfarrhaus schaffen. Als er aber den Deckel geöffnet hatte, schrie er laut auf und rief seine Frau herbei.

„Das ist der Geist der Gierigkeit,“ sagte er fromm,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: driten
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Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/115&oldid=- (Version vom 1.8.2018)