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Am andern Morgen war im Pfarrhause großes Geschrei.

„Herr Pastor,“ rief Krischan, der Knecht, „unsere Hammel sind gestohlen!“

Der Pastor schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Aber was war dabei zu machen! Die Hammel waren weg und blieben weg. Lange wußte er gar nicht, wo sie geblieben sein könnten; da nahm ihn eines Tages seine Frau beiseite und sprach:

„Höre, Vater, die Hammel hat kein anderer gestohlen, als unser neuer Küster. Bei trockenen Kartoffeln macht kein Mensch ein so fröhliches Gesicht, als die Küstersleute jetzt aufsetzen.“

Die Rede leuchtete dem Pastor ein. Aber den Dieb überführen, daß er die Sache gestand, das war die schlimme Geschichte. Haussuchung abhalten im Dorfe, dann hätte er’s mit allen Bauern verdorben; und aus freien Stücken gestand der Küster nicht ein, davor hütete er sich wohl. Endlich rief die Frau Pastorin:

„Vater, ich hab’ es gefunden! Wir stecken meine alte Mutter in die große Kiste und geben sie dem Küster zur Aufbewahrung; dann wird sie wohl hinter die Sache kommen.“

Der Rat gefiel dem Pastor, und die alte Großmutter mußte in den Kasten hinein; und damit sie nicht Hunger litte, gaben sie ihr allerhand gute Dinge mit auf den Weg. Dann ging der Pastor zum Küster und sprach zu ihm:

„Küsterchen, ich muß verreisen, und bei diesen schlechten Zeiten ist man seines Geldes nirgends sicher.

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Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/114&oldid=- (Version vom 1.8.2018)