die Hörner; dann machte sie sich auf und davon und lief aus dem Dorfe heraus in eine ganz andere Gegend.
Hinrik wartete eine Zeit lang, bis er glaubte, jetzt müsse seine Frau satt getrunken haben; als sie aber immer noch nicht wiederkommen wollte, zog er die Pflugleine zurück und ruhte nicht eher, als bis der Ziegenbock dicht neben seinem Bette stand.
Das Tier hatte den Tag über gut gefressen und knirschte mit den Zähnen, wie die Ziegen zu thun pflegen.
„Kaust du Nüsse? Kaust du Nüsse?“ fragte Hinrik neugierig; aber der Ziegenbock antwortete ihm nicht. Da wollte Hinrik seiner Frau in den Mund fassen, um zu sehen, was es wäre. Indem erwischte er des Ziegenbocks langen Bart und rief:
„Mutter, meine Frau hat einen Bart!“
Die alte Frau, welche in derselben Stube schlief, antwortete:
„Hinrik, mein Sohn, dann ist sie von guter Art!“
Da freute sich Hinrik über seine junge Frau; aber auf die Dauer konnte er das Gnitschen mit den Zähnen nicht ertragen. Er war neidisch, daß er nicht auch Nüsse essen könne, sprang aus dem Bette und lief auf den Flur, stellte die Leiter an die Wand und stieg zum Boden hinauf. Er hatte sich aber in der Dunkelheit versehen und die Leiter nicht an die Bodenluke, sondern an das Hühnerreich gestellt. So trat er von der Leiter in die leere Luft hinein und fiel auf die Diele herab.
„Mutter“, schrie er ängstlich, „ich bin herunter gefallen, steck ein Licht an und hilf mir!“
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/109&oldid=- (Version vom 1.8.2018)