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Republikanerinnen zu sein, aufgeführt, begann noch spät in der Nacht, und erst als die Sonne in den östlichen Gebirgen sich zu zeigen begann, schwärmten wir wie Bachanten von der Höhe in das Thal, wo sich der Main mit dem Rheine vermählt und sangen die herrliche Strofe nach der Melodie des Rheinwein-Lieds:

Am Rhein, am Rhein, da rufen edle Brüder:
:: Die Freiheit lebet noch. ::
Herab den Flor, und füllt den Becher wieder,
:: Sie lebe lang und hoch! ::

An den Barrieren von Kastel legitimirten wir uns als Republikaner; schüttelten den Staub von unsern Schuhen, und zogen voll Erwartung in das neugeschaffene Mainz ein, das ich vor 5 Jahren in dem schlimmsten Zustande verlassen hatte.

Mainz schlief, als wir durch die engen Strassen an der Südseite wanderten. Niemand begegnete uns, ausser einigen Soldaten, die sich auf den Posten ablös’ten. Selbst in dem Wirthshause, wo wir einkehrten, konnten wir erst nach einem halbstündigen Pochen die Köchinn erwecken, und ich hatte, bis der Koffe gebracht wurde, Musse genug, die Abschrift eines Briefes über Mainz vor der letzten Besitznahme durch die französischen Truppen,