Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
|
Mennig noch da und dort sichtbar sind, verschwinden durchaus in der Gegend um Pollich. Hier hat die Natur alle ihre Segnungen ausgeschüttet. Lachende Fluren und saftige Wiesen, Obst Gemüse, und treffliche Viehzucht findet man hier.
Die Menschen gefallen mir weniger. Sie sind meist klein und ihre Gesichtszüge unbedeutend. Die Bigotterie, die ihnen anklebt, macht die Mädchen für den Reisenden fast völlig ungeniessbar. Es sind nicht sanfte Züge von Schwärmerei, die sie auszeichnen, und dem Herzen des Mannes gefährlich machen könnten, nein, es ist Aberglaube der niedrigsten Art, der sich mit heiligen Bildern verschwört, und jeden ehrlichen Mann, der nicht zur heil. GENOVEFA und ihrem Schmerzenreich wallfahrtet, wie einen bösen Dämon behandelt. Indessen haben sich doch noch an manchen Stellen Spuren der naivsten Unschuld erhalten. Die jungen Bursche klettern Nachts mit Leitern unter augenscheinlicher Lebensgefahr an die Fenstern ihrer Mädchen, um sich mit ihnen beim Mondscheine zu unterhalten. Diess hat, wie in Schwaben, Schweiz und Tirol gar nichts anstössiges, vielmehr begünstigen Eltern und Verwandte diese Besuche, die sich freilich nicht, wie oft in jenen Ländern, auf Probenächte erstrecken dürfen. Diess
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/346&oldid=- (Version vom 22.11.2023)