Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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Mitgliedern des Kammergerichts Bekanntschaft, und liessen uns von verschiedenen Seiten mit ihnen ein, um uns durch Erfahrung von der allgemeinen Stimmung zu überzeugen. Es bedurfte nicht viel, um dazu zu gelangen. Die Herren waren sämtlich biss zum Überströmen von ihrer Wichtigkeit voll, und schienen sich in dem gegenwärtigen kritischen Zeitpunkte, wo Alles um sie her eine mächtige Gährung erleidet, sicherer als je. Sie halten sich durchaus für die Geiseln der Fürsten, und glauben darum bei einem allenfallsigen Ausbruche die öffentliche Meinung für sich zu haben. Ich hätte aber sehr grosse Lust daran zu zweifeln. Wenn auch auf der einen Seite ein enthusiastischer Panegirist das Kammergericht biss in die Wolken erhebt, so ist doch der grösste Theil der deutschen Staatsbürger (vielleicht aus Vorurtheil und unzulänglicher Bekanntschaft) unzufrieden mit ihm. Weises Nachgeben von beiden Seiten dürfte vielleicht am gerathensten sein.
Noch zittert der Magistrat von Wetzlar vor dem Schatten des Generals HOCHE, der in dem Hause des Kammergerichts-Assessors NEURATH als Löwe spuken soll. Dieser General starb hier am 25. Fructidor V. an einer mit einem Bluthusten verbundenen Lungenentzündung (nicht an Gift,
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/194&oldid=- (Version vom 28.6.2023)