Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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von Leuten, meistens vom Hunsrücken. Da es auf dem rechten Ufer wieder erlaubt ist, feierliche Prozessionen nach wunderthätigen Bildern anzustellen, so wimmeln jetzt diese Orte wieder von Müssiggängern. Besonders ist es jetzt gewöhnlich, für den Frieden hier zu beten. Das Innere der Kirche hat ein abgeschmacktes Ansehen. Die Wände sind mit Krücken, Beinen, Schedeln, Knieen, Zähnen, Füssen und Händen von Holz und von Wachs überhängt, die alle von denen als Vermächtniss zurückgelassen worden sind, die hier durch Wunderkraft ihr Heil wiedergefunden haben. Zwei Kapuziner sassen zur Beichte. Ich beobachtete einen davon, einen jungen beleibten Mann, und merkte es jedes Mahl an seiner faunischen Miene und an einer sonderbaren Unruhe des Unterleibs, wenn ihm das Mädchen etwas gegen das sechste Gebot beichtete. Er that dann gewöhnlich nur kurze Fragen, auf die eine lange Antwort, wahrscheinlich die ausführliche Geschichtserzählung folgte. Ermahnungen ertheilte er gar nicht, sondern absolvirte ohne weiteres a peccatis mortalibus.
Die Beichte eines achtzehnjährigen blühenden Mädchens, das ich am Abend vorher über einem Fleischtopfe mit einem meiner Reisegefährten ertappt hatte, war mir noch interessanter. Ich liess
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/160&oldid=- (Version vom 28.10.2023)