Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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scheel zum Glücke ihrer Mitbürger sehen, denn so wollte es ihr Eigennutz und ihre künftige Sicherheit. Der freie Gebrauch der Kräfte der Vernunft musste dem Landmanne geschmälert werden, wenn er nicht gegen seine Tirannen auftreten sollte. So blieb denn Alles vernachlässigt, was ihm die Augen hätte öffnen können. Der albernste Katechismus, voll vom abgeschmacktesten Gewäsch, wurde den jungen Leuten eingeprügelt, und weiter nichts. Monstri causa möchte ich dir wohl ein Bild davon entwerfen. Aber ich werde unten am Zusammenflusse des Rheins und der Mosel, wieder Gelegenheit finden, auf diesen Punkt zu kommen.
Eines der unschätzbarsten Geschenke der Franken ist die Gewissensfreiheit, und die Toleranz. Die grausamen, ungerechten und unpolitischen Bedrückungen, die man hier ehemahls erdulden musste, haben Gelegenheit zu dickbeleibten Büchern gegeben, und sind bekannt genug. Traurig ist es aber, dass ein Wahn, der durch ein Alter von 1000 Jahren geheiligt ist, nicht auf Ein Mahl besiegt werden kann. Dazu werden Menschenalter erfordert. Jener Machtspruch, der sogar die Stätten der unsaubern katholischen Heiligen vertilgt hat, hat den erbitterten Gemütern neue Nahrung gegeben.
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/143&oldid=- (Version vom 19.10.2023)