Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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Verlust in wenigen Jahren der Freiheit leicht wieder ersetzen.
Von Simmern reis’ten wir nach Kastellaun, ehemahls die Hauptstadt der hintern Grafschaft Sponheim, zweibrückischen Antheils. Diese Hauptstadt ist einem grossen Bauern-Dorfe nicht unähnlich, oder richtiger gesagt, wirklich ein Dorf, obschon sie sich im Mittelalter einige Stadtrechte errungen hatte. Sie liegt in einem sumpfigen Thale, und hat für den Reisenden gar nichts Anziehendes. Ungefähr 2000 Seelen machen ihre ganze Bevölkerung aus.
Die Unordnungen, welche aus dem Despotismus des Hofes entstanden, hatten hier unter dem letztverstorbenen Herzoge ihren höchsten Punkt erreicht. Wenn man nachher von MAXIMILIAN Gutes sprach, so hatte er keine Gelegenheit, es in diesen Gegenden zur Ausübung zu bringen, weil er eigentlich nie zur Regierung gekommen ist, denn damahls, als ihn der Tod seines Bruders in das Herzogthum Zweibrücken rief, war dieses von den Armeen der Republik besetzt, und er hat sich nicht ein Mahl die fürstliche Freude machen können, sich in seiner Hauptstadt huldigen zu lassen. So viel ist indessen gewiss, dass die verblendeten Menschen hier ihn lieber zum Regenten
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/124&oldid=- (Version vom 25.10.2023)