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hemmen zu wollen. Die Entscheidung von Fall zu Fall, und zwar unter allseitiger persönlicher Betheiligung Derer, welche im öffentlichen Interesse etwas ins Werk setzen wollen, wird sich unter freien Menschen ganz von selbst verstehen. Man wird sich seiner Vorfahren, die derart versklavt waren, dass sie glaubten, es werde die Menschheit nie ohne Vormünder, Repräsentanten und Autoritäten, beengende Satzungen und Leitseile existiren können, – geradezu schämen.

Andere Einrichtungen, welche mit der Staatlerei aufs Engste verwachsen sind, wie: Militarismus, Pfaffenthum und dergleichen, brauchen wir wohl nicht erst als entbehrlich zu kennzeichnen. Der Massenmord und dessen Träger aller Art – die Gurgelabschneider und die Hirnerweicher – stehen und fallen mit der jetzigen Periode sozialer Ordnungslosigkeit und Tyrannei.

Die künftige Gesellschaft kennt nur noch ökonomische, erziehliche, wissenschaftliche – kurz, solche Institutionen, welche sich dazu eignen, den Menschen – Allen, wie Jedem – die Daseinsschwierigkeiten so viel wie möglich zu verringern und den Lebensgenuss zu erhöhen. Hundert- und tausendfältig in einander geschlungen – wie es die Zweckmässigkeitsgründe gestalten werden – mögen diese mannigfaltigen organischen Gebilde ein harmonisch ineinander greifendes Räderwerk darstellen, aber vergeblich wird man treibende Zentralkräfte und geschobene Nullheiten suchen; es wird vielmehr ein gleiches Verhältniss existiren, wie im Weltall, wo in dem kleinsten Partikelchen der Materie die nämlichen Prinzipien der Kräfte vorwalten, welche den Gesammtmechanismus des Universums bewegen. Das – und nichts Anderes – wird der vielgefürchtete, verlästerte Anarchismus sein.

Hört ein Staatsfanatiker, dass Unsereiner einen Gesellschaftszustand erstrebt, in welchem der Staat zu den überwundenen Sachen gehört, so heult er zähneklappernd, als habe ihm Jemand das Ende aller Dinge in Aussicht gestellt.

Es sieht das gerade so aus, als ob mit der Abschaffung des Staates die Menschen in alle Winde zerstieben müssten, oder als ob durch das Aufhören der Staatlerei alle naturgemässen und kulturhistorisch gewordenen Organisationen, welche in einer entwickelten Technik, einem netzartig ausgebreiteten Verkehrswesen und dem kommunalen Zusammenwohnen gegeben sind, hinfällig würden.

Man braucht aber wenig Scharfsinn dazu, um auszufinden, dass diese Einrichtungen nicht an das Sein und Nichtsein eines Staates gebunden sind, sondern lediglich in ihrem Fortbestande und ihrer Weiterentwickelung von den praktischen Anforderungen, welche die Menschen an sie stellen, abhängen. Je mehr sie denselben entsprechen, desto entschiedener werden sie festgehalten, resp. fortgebildet werden. Denn man muss sich nicht einbilden, dass die Menschen in dem Augenblicke, wo sie sich vom staatlichen Zuchtmeister emanzipiren und für mündig erklären, den Verstand verlieren und lauter dumme Streiche gegen ihr eigenes Wohlergehen in Szene setzen.