Karl Leberecht Immermann: Waldmährchen. In: Schriften, Band 10: Münchhausen, Theil 3. S. 141-186 | |
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Brod und Fleisch, schenkte den Becher voll und reichte Festes und Flüssiges dem Andern hin. Hiebei faßte er ihn schärfer in’s Auge, und so that der Andere auch, und da entfuhr ihnen Beiden ein Ausruf des Erstaunens. Seid Ihr nicht … Bist du nicht … riefen sie. Freilich bin ich der Konrad von Aufseß! rief der junge Ritter. Und ich Petrus von Stetten! der Andere. Sie umarmten einander und konnten sich vor Freude über dieses unvermuthete Wiedersehen kaum fassen.
Es waren Spielcameraden, die sich zufällig im grünen Spessart trafen. Die Väter hatten auch Freundschaft mit einander gehabt, die Söhne hatten zusammen Ball geschlagen, sich hundertmal des Tages gezankt und eben so oft versöhnt. Der junge Petrus war aber von jeher stiller und nachdenklicher gewesen als sein Gefährte, dem nichts im Kopfe sitzen blieb, als die Namen der Waffenstücke und des Reitzeugs. Endlich hatte Petrus dem Vater erklärt, er wolle gelahrt werden, und war gen Cöln gezogen, zu den Füßen des berühmten Albertus Magnus zu sitzen, der aller bekannten Wissenschaften Meister war, und von dem das Gerücht sagte, er sei auch in geheime Künste tief eingeweiht.
Karl Leberecht Immermann: Waldmährchen. In: Schriften, Band 10: Münchhausen, Theil 3. S. 141-186 . Schaub, Düsseldorf 1839, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Immermann_Waldmaehrchen.djvu/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)