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Illustrirte Zeitung, Nr. 4 vom 22. Juli 1843


Hüte à la Capeline.

italienische Strohhut, geschmeidig, leicht und naiv. Man kann ihn mit Band- oder Sammetrosetten verzieren, oder auch, nach italienischer Art, Blumen unter denselben in das Haar stecken.

Es läßt sich gewiß keine Hutform denken, welche den Kopf weniger belästigt und das Gesicht besser schützt.

Die eine der beiden vorstehenden Figuren trägt ein Battistkleid mit doppelten Aermeln. Die myrthengrüne Taffetschürze reicht ziemlich weit um die Taille herum; der flache, glatte Halskragen ist vons einer holländ. Leinwand.

Die andre trägt ein Nankingkleid mit halblangen, glatten Aermeln. Der Kragen, unter welchen eine kleine schottische Cravate geknüpft ist, besteht aus gestreiftem Linon; die Handschuhe sind von Taffet.

Das Stockparasol – ombrelle douairière –, dessen wir schon eben erwähnten, ist auf dem Lande sehr praktisch. Der Stock eignet sich sehr gut, um auf Spaziergängen in den Parks, in dunkeln Alleen oder auf Wiesen mit hohen Blumen, Reiser und andere Gegenstände, welche sich leicht an die Kleider hängen und das Gehen erschweren, aus dem Wege zu räumen. Der gewöhnliche Sonnenschirm ist dazu nicht ausreichend und der Knicker ermüdet die Hand.

Knabenanzüge.

Diese beiden Knabenanzüge sind sehr beliebt. Der ältere Knabe trägt eine Tuchjacke und Pantalons von Trivot oder Nanking; der Hemdkragen ist über das Halstuch geschlagen; der jüngere trägt eine Sammetblouse und Trivotkamaschen; die Beine sind nackt. Das Hemd ist wie ein Schweizerhemd gefältelt und ragt ein wenig über die Blouse empor, läßt aber den Hals frei. Die Mütze sitzt gut auf dem Haare à la jeune France.

Da wir einmal auf die Kinder gekommen sind, so geben wir noch die Abbildung eines von dem Mechaniker Lebrün zu Paris erfundenen Laufwagens.

Laufwagen.

Die Vortheile desselben sind zu sehr in die Augen fallend, um einer besondern Bezeichnung zu bedürfen. Viele Kinder, die gerade und wohlgeformt zur Welt gekommen sind, verkrüppeln später in größerm oder minderm Grade, weil ihnen zu zeitig zugemuthet worden ist, die ganze Last des Körpers blos auf den schwachen Beinchen zu tragen. Mittelst dieser künstlichen Beine dagegen können die Kinder sich stützen und ohne Gefahr und Ermüdung überall hin bewegen. Dasselbe leisten in Deutschland, wenn auch minder kostbar, die oft sehr niedlich geflochtenen Laufkörbe.


Spanische Tänzer.

Herr Campruri und Madame Dolores im Costüm spanischer Tänzer.

Herr Campruri und Madame Dolores, die man hier in graziöser Stellung abgebildet sieht, haben sich schon früher in Paris Ruhm, Bravo’s und – Geld ertanzt. Diesmal gaben sie ihre Vorstellungen auf dem Theater des variétés. Der Bolero und der Fandango sind schon oft beschrieben worden; die Chachucha der Fanny Elsler hat einen allgemeinen Weltruf erlangt; der hier dargestellte Tanz ist die weniger bekannte Rondola, ebenfalls ein Tanz mit Castagnetten und unter den spanischen so geistig belebten Tänzen einer derjenigen, welche die meiste Poesie athmen. Er beginnt unter dem Balcon zu den Klängen der Guitarre und endet mit dem Geknatter der Castagnetten. Man betrachte diese schlanken Taillen, diese Arme, welche sich im anmuthig leidenschaftlichen Spiele suchen, diese Köpfe, die sich gegen einander neigen und Blick und Lächeln austauschen, diese Füße, welche sich gegenseitig herausfordern – welche Anmuth und welche Kraft zugleich! Wie leer und kalt erscheint dagegen der deutsche Rutscher, der verwilderte, zügellose Galopp, wie nüchtern und erkünstelt der französische Contretanz! Im spanischen Tanz allein ist Leidenschaft, Phantastik und Poesie, individuelle Schöpfungs- u. Gestaltungskraft und ein dramatisches Leben, welches sich in und aus sich selbst entwickelt und zum intensivsten Ausdruck der Empfindung und des Pathos steigert.


Leipzig, Verlag von J. J. Weber. – Unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung. – Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.
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: Illustrirte Zeitung, Nr. 4 vom 22. Juli 1843. J. J. Weber, Leipzig 1843, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Illustrirte_Zeitung_1843_04.pdf/16&oldid=- (Version vom 6.1.2019)