Seite:Humbold ueber das vergleichende sprachstudium 1920.pdf/18

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Seite gebunden, aber auf der andern durch das von allen früheren Geschlechten in sie Gelegte bereichert, erkräftigt und angeregt. Indem sie dem Erkennbaren, als subjectiv, entgegensteht, tritt sie dem Menschen, als objectiv, gegenüber. Denn jede ist ein Anklang der allgemeinen Natur des Menschen, und wenn zwar auch der Inbegriff aller zu keiner Zeit ein vollständiger Abdruck der Subjectivität der Menschheit werden kann, nähern sich die Sprachen doch immerfort diesem Ziele. Die Subjectivität der ganzen Menschheit wird aber wieder in sich zu etwas Objectivem. Die ursprüngliche Uebereinstimmung zwischen der Welt und dem Menschen, auf welcher die Möglichkeit aller Erkenntniß der Wahrheit beruht, wird also auch auf dem Wege der Erscheinung stückweise und fortschreitend wiedergewonnen. Denn immer bleibt das Objective das eigentlich zu Erringende, und wenn der Mensch sich demselben auf der subjectiven Bahn einer eigenthümlichen Sprache naht, so ist sein zweites Bemühen, wieder, und wäre es auch nur durch Vertauschung einer Sprach-Subjectivität mit der andern, das Subjective abzusondern und das Object möglich rein davon auszuscheiden.

21. Vergleicht man in mehreren Sprachen die Ausdrücke für unsinnliche Gegenstände, so wird man nur diejenigen gleichbedeutend finden, die, weil sie rein construirbar sind, nicht mehr und nichts anders enthalten können, als in sie gelegt worden ist. Alle übrigen schneiden das in ihrer Mitte liegende Gebiet, wenn man das durch sie bezeichnete Object so benennen kann, auf verschiedene Weise ein und ab, enthalten weniger und mehr, andere und andere Bestimmungen. Die Ausdrücke sinnlicher Gegenstände sind wohl insofern gleichbedeutend, als bei allen derselbe Gegenstand gedacht wird; aber da sie die bestimmte Art, ihn vorzustellen, ausdrücken, so geht ihre Bedeutung darin gleichfalls auseinander. Denn die Einwirkung der individuellen Ansicht des Gegenstandes auf die Bildung des Wortes bestimmt, so lange sie lebendig bleibt, auch diejenige, wie das Wort den Gegenstand zurückruft. Eine große Menge von Wörtern entspringt aber aus der Verbindung sinlicher und unsinnlicher Ausdrücke, oder aus der intellectuellen Bearbeitung jener, und alle diese theilen daher das sich nicht so wiederfindende individuelle Gepräge der letzteren, wenn auch das der ersteren sollte im Laufe der Zeit erloschen sein. Denn da die Sprache zugleich Abbild und Zeichen, nicht ganz Produkt des Eindrucks