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so erfordert doch die Geschichte desselben noch ein Paar. Das Gesicht ist ein Porträt, und zwar, wie man sagt, von einem gewissen Eduard Swallow, einem alten, ehrlichen Mundschenken des damaligen Erzbischofs von Canterbury. Hogarth, der einen Kopf für diese Haushofmeisterstelle suchte, wünschte lange diesen wegen seiner redlichen Einfalt zu haben. Endlich nahm ihn ein Freund des Erzbischofs mit nach Lambeth[1], da zeichnete er ihn unbemerkt, und beim Einsteigen in die Kutsche flüsterte er seinem Gefährten zu: now i have him, nun hab’ ich ihn. Die stumpfen Schuhe, der altmodische Rock und das stracke Haar, zeigen, daß der Mann nicht von dieser Welt, und am allerwenigsten von derjenigen ist, von welcher neun Zehntheile der englischen Bedienten solcher Häuser sind. Er scheint ein Methodist zu seyn, wenigstens hat Hogarth, vielleicht aus Muthwillen, einen aus ihm gemacht. Aus seiner Tasche guckt nämlich ein Buch über die Wiedergeburt (on regeneration) hervor, und bekanntlich ist das Wort Wiedergeburt die bleibende Parole dieses geistlichen Corps. Auch mögen die Gespräche darüber wohl für manche ihrer Gesellschaften ein andächtiger Zeitvertreib, eine Art von geistlichem Whist seyn, und so kämen denn freilich Hoyle und Whitfield[2] hier ganz gut zusammen – pagina jungit amicos. – Aber für einen schlauen Betrüger, wozu ihn Herr Ireland macht, kann ich den Mann unmöglich halten. Hierzu hätte wohl Hogarth die nöthige Physiognomie näher haben können, denn nach meiner völligen Ueberzeugung möchte wohl die alte, und folglich bewährte Dienerschaft eines Erzbischofs von Canterbury, die letzte Menschen-Classe, nicht bloß in England, sondern vielleicht in der Welt seyn, worin ein Maler nach Spitzbuben-Physiognomie zu suchen hätte.

Dort hinten in dem Tempel der hochgräflichen Bacchantin, wo, wie wir erinnert haben, die Lichter den Tag verbrennen, scheint eins, das


  1. Die Residenz der Erzbischöfe von Canterbury.
  2. Ein berüchtigter, methodistischer Prediger; der Stifter dieser Secte ist John Wesley.