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den niedern Ständen nicht an Beispielen, wo Juden eine Gemeinschaft körperlicher Arbeiten mit den Christen dadurch erleichterten, daß sie der strengen Beachtung solcher trennenden Religionsgebräuche entsagen; aber sie verloren dadurch sehr wesentlich in der Meinung der großen Masse der Christen, welche Achtung für den angestammten Glauben und die Sitte der Väter an den Genossen jedes Religionsbekenntnisses ehrt. So wird es sehr erklärlich, wie in dem langen Zeitraum von dreißig Jahren, welcher seit der Verleihung des Staatsbürgerrechts durch das Edikt vom 11. März 1812 verflossen ist, sich noch so wenig in den gewöhnlichen Beschäftigungen derjenigen Juden geändert hat, welche dadurch die Freiheit erhielten, bürgerliche Gewerbe jeder Art im Preußischen Staate zu betreiben. Auch die vollendetste und unbeschränkteste Gleichstellung aller Juden im Preußischen Staate in bürgerlichen und politischen Rechten kann eine Gleichheit in der Wahl der Erwerbsmittel zwischen Christen und Juden nicht hervorbringen. Den Juden wird darum nicht minder sein Glauben, welcher ihn von den Christen trennt, auch von der Theilnahme an den meisten körperlichen Arbeiten desselben ausschließen. Der Kleinhandel, welcher ohne langwierige und kostbare Vorbereitung unabhängig von Arbeitsgenossen betrieben, und hauptsächlich durch Aufmerksamkeit, Beharrlichkeit und schnelles Erfassen des günstigen Augenblicks lohnend wird, bleibt ebendeswegen auch bei voller gewerblicher Freiheit stets das angenehme Geschäft für die große Zahl derjenigen Juden, die, gleich den großen Volksmassen überhaupt, wenig Anlagen und Mittel zur höhern Ausbildung besitzen. Auf etwas höhern Bildungsstufen, bei mehr Verlag oder Kredit eignen dieselben Verhältnisse zu den Geschäften eines Pfandleihers, Wechslers, Kommissionairs und Lieferanten. Wo noch mehr Kapital zur Verfügung steht, reihen sich hieran gewerbliche Unternehmungen von


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Johann Gottfried Hoffmann: Zur Judenfrage. Berliner Lesekabinett, Berlin 1842, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoffmann_Zur_Judenfrage.pdf/24&oldid=- (Version vom 1.8.2018)