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Charakter seiner Rolle ganz in sich aufnimmt, ja gleichsam zu seinem eignen Ich macht, durch äußere Vortheile zu ersetzen. Er kann augenblicklich den Zuschauer übertäuben, aber immer wird dem Spiel die Wahrheit fehlen, und er jeden Augenblick Gefahr laufen, auf dem Falschen ertappt und des falschen Schmucks beraubt zu werden. – Doch giebt es Ausnahmen. –

Berganza. Höchst selten!

Ich. Und doch! – manchmal gerade da, wo man sie am wenigsten sucht. So sah ich vor kurzer Zeit auf einem kleinen Theater einen Schauspieler den Hamlet mit ergreifender Wahrheit darstellen. Die düstre Schwermuth, die Verachtung des menschlichen Treibens um ihn her, bei dem steten Gedanken an die entsetzliche That, die zu rächen ihn eine grauenvolle Erscheinung aus dem Grabe aufgefordert, der verstellte Wahnsinn – Alles trat aus seinem tiefsten Innern in den lebendigsten Zügen heraus. Er war ganz der, „dem das Schicksal eine Last auflegte, die er nicht zu tragen vermag.“

Berganza. Ich errathe, daß Du von dem Schauspieler sprichst, der von einem Orte zum andern wandernd, vergebens die ideale Bühne sucht, welche nur im mindesten den gerechten Ansprüchen zusagt, welche er an das Theater als gebildeter, denkender Schauspieler macht. – Glaubst Du nicht (im Vorbeigehen