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verfügt wurde. Als Ort der Beraubung nun bezeichnen die beiden Briefe ziemlich unbestimmt die Gewässer in der Nähe des Königreichs Neapel. Man könnte annehmen, Agenten der Ravensburger Gesellschaft haben in Unteritalien Waren gekauft und an Bord von Schiffen gebracht, die den Weg nordwärts an der Küste hin etwa nach Genua einschlugen; sie seien aber noch nicht weit über das Neapolitanische hinaus gewesen, so habe sie Coullon überfallen. Wollte man gegen diese Auffassung einwenden, es sei von einer Expedition des Coullon in diese Gegenden nichts bekannt, so läge die Entgegnung nahe, dass man nach Lage des Quellenmaterials geradezu alle Fahrten dieses rührigen Flottenführers nicht zu überschauen vermöge. Aber es fragt sich, ob wir nicht den an der Ravensburger Gesellschaft verübten Seeraub mit einer der bekannten Expeditionen Coullons zu kombinieren haben. Bekannter ist keine geworden als die folgende[1]. Am 1. Oktober 1474 wurden in dem Hafen Vivero an der Nordküste Galiciens zwei Galeassen des Königs Ferrante von Neapel und mit ihnen Waren neapolitanischer, genuesischer und florentinischer Kaufleute von Coullon gekapert. Sie befanden sich auf der Rückfahrt von den Niederlanden und von England her, wie daraus zu schliessen ist, dass als Vorwand für die Plünderung die Behauptung dienen musste, diese Schiffe haben in das Gebiet des Herzogs von Burgund und nach England Lebensmittel geliefert und damit den Feinden Ludwigs XI. Vorschub geleistet. Nachher liefen bei diesem König zwei Briefe ein, welche über die Kaperei Klage führten: am 26. Januar 1475 einer von Seiten König Ferrantes (geschrieben Foggia den 8. Dezember 1474), dann jedenfalls vor April 1475 einer von der Stadt Florenz[2]. Wie schön würden sich hieran der Zeit nach die zwei Beschwerdebriefe der Stadt Bern vom 6. Dezember 1474 und vom 8. März 1475 anschliessen! Sie betreffen wahrscheinlich kein anderes Ereignis als eben das, dessen Schauplatz der galicische Hafen Vivero


  1. Harrisse behandelt sie besonders genau a. a. O. S. 1–3. 15–17.
  2. Harrisse S. 3. 83–85.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heyd: Die grosse Ravensburger Gesellschaft. J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart 1890, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heyd_RV_28.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)