Seite:Hexenhammersprenger1923.djvu/85

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Jakob Sprenger, Heinrich Institoris; J. W. R. Schmidt (Übersetzung): Der Hexenhammer

und zufällig. Sagt man, auf die erste Art, dann ist es nicht nur falsch, sondern auch ketzerisch, weil es der christlichen Religion so sehr widerstreitet, daß auch die Wahrheit des Glaubens bei solcher Irrlehre nicht bestehen bleiben kann. Grund: Wenn man (die Behauptung) aufstellt, daß notwendigerweise alles von den Sternen ausgehe, dann hebt man dadurch das Verdienst und damit auch das Nichtverdienst auf; dann hebt man auch die Gnade und damit die Verherrlichung auf. Weil dann die Sittlichkeit der Menschen durch solche Irrlehre einen schlimmen Ausgang finden muß, da die Schuld des Sünders die Sterne trifft, so wird zügellose Hexerei ohne Tadel zugelassen und der Mensch zur Verehrung und Anbetung der Sterne gezwungen.

Sagt man dagegen, daß die Sitten der Menschen von den Stellungen der Sterne nur stellenweise und zufällig verändert werden, so kann man auf die Wahrheit stoßen, weil das weder dem Glauben noch der Vernunft widerspricht. Denn es liegt auf der Hand, daß der verschiedene Zustand des Körpers viel tut zur Veränderung der Affekte und Sitten der Seele, wie denn die Seele die Komplexion des Körpers sehr stark nachahmt, wie es in den sechs Prinzipien heißt. Darum sind auch die Choleriker jähzornig, die Sanguiniker freundlich, die Melancholiker neidisch, die Phlegmatiker träge. — Das ist aber nicht aus Notwendigkeit so: denn die Seele beherrscht ihren Körper, und zwar besonders, wenn sie von der Gnade unterstützt ist: viele Choleriker sehen wir freundlich und Melancholiker gütig. Wenn also die Kraft der Himmelskörper die Mischung und Qualität der Komplexionen bewirkt, so kommt es daher, daß sie folglich in gewisser Weise einwirkt auf die Beschaffenheit der Sitten, freilich sehr aus der Ferne; denn mehr tut zur Beschaffenheit der Komplexion die Kraft der niederen Natur als die des Sternes. Daher empfiehlt Augustinus de civ. dei 5, bei der Lösung einer Frage über zwei Brüder, die gleichzeitig krank waren und geheilt wurden (als man fragte, woher dies käme), mehr den Grund des Hippokrates als des Astronomen. Hippokrates nämlich antwortete, dies sei geschehen wegen der Aehnlichkeit der Komplexion; der Astronom antwortete, wegen der Identität der Konstellation. Der Arzt antwortete besser, weil er eine mehr wirkliche und näher liegende Ursache angab. — So muß man also sagen, daß die Eindrücke der Gestirne in gewisser Weise zur Hexenbosheit disponieren, wenn in ihren Körpern ein Einfluß mehr zu derartigen Schändlichkeiten als zu anderen, seien es gute, seien es schlechte Taten, vorherrscht. Aber diese Disposition

Empfohlene Zitierweise:
Jakob Sprenger, Heinrich Institoris; J. W. R. Schmidt (Übersetzung): Der Hexenhammer. Hermann Barsdorf, Berlin & Leipzig 1923 / 1489, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hexenhammersprenger1923.djvu/85&oldid=- (Version vom 14.9.2022)