Seite:Hexenhammersprenger1923.djvu/485

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Jakob Sprenger, Heinrich Institoris; J. W. R. Schmidt (Übersetzung): Der Hexenhammer

zur Abendstunde hat fließen lassen, und bei allen Tränen, welche hier in der Welt alle Heiligen und Auserwählten Gottes vergossen haben, von deren Augen (Gott) jetzt jede Träne abgewischt hat, daß du, sofern du unschuldig bist, Tränen vergießt; wenn schuldig, keinesfalls. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes †. Amen.“ – Die Erfahrung hat gelehrt, je mehr sie beschworen wurden, desto weniger konnten sie weinen, während sie sich doch heftig zum Weinen anstachelten und die Wangen mit Speichel anfeuchteten. Möglich jedoch, daß sie später, in Abwesenheit des Richters und außerhalb des Ortes und der Zeit der Tortur vor den Wächtern zu weinen imstande sind.

Fragt man nach der Ursache der Verhinderung des Weinens bei den Hexen, so kann man sagen: weil die Gnade der Tränen bei Bußfertigen den hervorragenden Gaben zugezählt wird, indem Bernardus behauptet, daß eine demütige Träne in den Himmel steige und einen Unbesieglichen besiege, so ist es niemandem zweifelhaft, daß sie auch dem Feinde des Heiles ersichtlich gar sehr mißfällt; daher auch niemand zweifelt, daß er sie mit den äußersten Bemühungen zu verhindern sucht, damit vielmehr am Ende Unbußfertigkeit erzielt werde.

Aber wie, wenn es durch die Schlauheit des Teufels mit Gottes Zulassung geschähe, daß auch eine Hexe weinte, da ja weinen, spinnen und betrügen zur Eigenart der Weiber gehören soll? Es kann geantwortet werden: da Gottes Ratschlüsse verborgen sind, so wäre sie natürlich freizusprechen, wenn sie auf andere Weise, durch gesetzmäßige Zeugen betreffs irgend welcher Indizien der Tat, nicht überführt werden kann, noch auch schwer oder heftig verdächtig ist, und hätte wegen des leichten Verdachtes, in dem sie sich um der Bescholten­heit

Empfohlene Zitierweise:
Jakob Sprenger, Heinrich Institoris; J. W. R. Schmidt (Übersetzung): Der Hexenhammer. Hermann Barsdorf, Berlin & Leipzig 1923 / 1489, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hexenhammersprenger1923.djvu/485&oldid=- (Version vom 1.8.2018)