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wird gesünder. Die Bedingungen des Daseins ändern sich gegenwärtig rascher als in irgend einer Zeit der Geschichte.

Hierüber sprachen sie eine Weile. Da sagte der Doktor ironisch: „Es wundert mich, daß noch Niemand das lenkbare Luftschiff erwähnt hat.“

„Wir haben Alle daran gedacht,“ erwiderte der Maler Robert ruhig.

„Jawohl,“ meinte der Pariser, „denn die Erfindung wird doch früher oder später gemacht werden. Vielleicht lebt der Mann schon, der dem menschlichen Geschlechte diese größte aller Ueberraschungen bereiten soll. Wie dann die Welt aussehen wird, möchte ich errathen.“

„Und ich,“ sagte leise eine der Frauen, „möchte mir den Mann vorstellen, der das findet: ein Held, ein Halbgott!“

„Ich glaube eher,“ lachte der Doktor, „daß er eine närrische Figur sein wird, ein schrullenhafter, ungeschickter armer Teufel. Das Geheimniß dürfte er sich stehlen lassen, Andere werden sich daran bereichern, und er bekommt nichts, als ein Denkmal – nach dem Tode. Sein Leben aber wird man ihm vermuthlich gehörig verbittern. Und mit Recht! Es wird eine ganz einfache, naheliegende Entdeckung sein. Warum sind wir Alle daran vorbeigegangen? Welche Beleidigung für uns. Ich glaube, wenn ich vernähme, daß einer meiner Bekannten das lenkbare Luftschiff erfunden hat, ich würde ihn ohrfeigen. Warum er, warum nicht ich?“

Da hörte man die tiefe Stimme des Malers Robert: „Das lenkbare Luftschiff ist schon erfunden worden, und ich kenne den Mann.“

Es war schon so dunkel, daß man die Züge des Sprechers nicht deutlich sah. Er liebte die Dämmerung

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Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)