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Ecken und an der Hauptwand als einziger Schmuck ein schlechtes Bild Sr. Majestät des regierenden Königs Ludwig XVIII. Das mit Speiseresten befleckte Tuch auf dem Tische, an den sie sich setzten, machte die Marquise schaudern. Aber die muthige Herzogin flüsterte ihr ins Ohr:

„Wie froh wären unsere Mütter in Dreiundneunzig gewesen, wenn sie hätten hier sein dürfen, statt in der Conciergerie.“

Außer ihnen befanden sich nur wenige Gäste im Speisezimmer, das von einigen Oellampen schwach erleuchtet war. Am hellsten war es beim Eingange, so daß man vom Schanktisch jeden Kommenden sogleich deutlich sehen konnte.

Der Wirth, ein stämmiger Mann von fünfzig Jahren, hatte sie ein bißchen verwundert begrüßt und ihre Bestellung entgegengenommen. Ein Diner für vier Personen, das vielleicht elf oder zwölf Francs ausmachen dürfte, war beim Sporenwirth nichts Alltägliches. Er entschloß sich auch im Hinblicke auf die Größe der Bestellung, eine reine Serviette über das bemakelte Tischtuch zu spreiten. Die Marquise athmete ein wenig auf:

„Nun kann ich mir vorstellen“, sagte sie, „wie es in der Schreckenszeit zugegangen sein muß, wenn ein Mann wie Sie in einer solchen Spelunke diniren konnte. Mein armer Freund!“

„Und Sie haben keine Ahnung, wie nobel ich da lebte! Eine kleine Mahlzeit kostete mich vier- bis fünftausend Francs.“

„Sie scherzen! Hier, in der Taverne „zum Sporn“?“

„Er spricht von Assignaten, Madame“, erläuterte der Akademiker. „Das Geld war so entwerthet, daß ein Fiaker für die Stunde Fahrt sechstausend Francs verlangte. Nun ja, daran mußte schließlich die Lumpenwirthschaft verenden.

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Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/226&oldid=- (Version vom 1.8.2018)