durchschossen! Was, und eine Anmerkung in der Klammer dazu? „(Ein etwas malitiöser Wunsch! Die Redaction.)“ Wer hätte sich einer solchen Perfidie vom „Unabhängigen“ versehen? Ja wohl, eine Perfidie! O, alles Ueble, das man diesen Journalisten nachsagte, war nur zu gerechtfertigt … Geschwind, die „Volkesstimme“ her! Was sagte die? „ … Hierauf wünschte Herr Eberling dem Jubilar, dieser möge noch im spätesten Greisenalter die ersten Liebhaber verkörpern. Fürwahr, schöne erhebende Worte aus dem Munde eines selbstlosen Kollegen! …“ Das war aber Herrn Schaumschlager zu stark. Mit einem Wuthrufe zerknüllte er die „Volkesstimme“ und warf sie weg. Solche Cretins! Die waren dem Eberling aufgesessen, hatten das für bare Münze genommen. Unglaublich! …
Herr Schaumschlager erhob sich und machte Toilette. Dann wurden die angemeldeten jungen Leute – nachdem sie anderthalb Stunden lang die Arabesken der Tapete gezählt hatten – vorgelassen. Es waren richtig angehende Genies. Der Erste ein Dichter. Der wurde mit der Dichternummer abgefertigt: Schaumschlager nahm ihm das Manuscript – vier blutige Acte – ab und versprach huldvoll eine baldige Entscheidung. Der verlegene Jüngling empfahl sich hoffnungstrunken. Schaumschlager schrieb dann sogleich einen kurzen charmanten Brief an den Abgegangenen des Inhalts: „Enorm viel Talent, Stück für uns leider nicht geeignet, lassen Sie sich aber dadurch nicht entmuthigen.“ Dieses Schreiben und das Manuscript wurden dann dem verläßlichen Diener eingehändigt, mit dem Auftrage, es in acht Tagen auf die Post zu geben.
Der zweite Vorzimmerherr war ein aufstrebender Mime. Für Solche hatte Schaumschlager eine andere bewährte Nummer. Er ließ sie Einiges recitiren, klopfte ihnen dann
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/215&oldid=- (Version vom 1.8.2018)