„das Babel an der Seine.“ Wenn ihr wüßtet, wie ich mich manchmal in Babylon langweile! Was, manchmal? Immer! Wie ein Sträfling – zum Sterben! Und wie ich mich zuweilen nach der blonden Fadaise eines heimathlichen Tanzkränzchens sehne. Wenn ich mit den Prinzessinnen des Chic beisammen bin, überkommt mich ein wilder Wunsch: Herrgott! Wenn Du jetzt mit Schmallwitz und Mergenthien Skat spielen könntest! Was müßte das für eine Wonne sein! …“
„Hat sie Dich denn hintergangen, Fritz?“
„Wer?“
„Na, Deine Angebetete!“
„Ich habe keine.“
„Wem willst Du das einreden? … Vielleicht ist Dein Herz im Augenblick beschäftigungslos. Aber daß es nicht immer so ist, darauf will ich wetten. Ganz Pommern hält Dich für einen stürmischen Lebemann.“
„Ganz Pommern irrt sich.“
„Da erinnere ich mich an etwas. Beim letzten Skat vor unserer Abreise – Schmallwitz und Marzahn spielten mit meinem Mann – saß ich und schaute gelangweilt zu, und plötzlich fielst Du mir ein. Vielleicht war’s derselbe Moment, in welchem Du Dich nach dem Skat sehntest. Ich dachte mir – ich erinnere mich ganz deutlich, – Fritz ist doch gescheidter, als diese Krautjunker Schmallwitz und Marzahn. Während die hier ihr lediges Leben verdämmern, flattert er von Blume zu Blume, der Schmetterling!“
„Der Schmetterling soll ich sein?“
„Leugne nicht! … Und ich nahm mir fest vor, daß ich mir von Dir Geschichten werde erzählen lassen, wenn wir uns treffen.“
„Geschichten! … Weiß der Himmel, was Du Dir
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/201&oldid=- (Version vom 1.8.2018)