husten, aber gelangweilt habe ich mich doch. Was Männer sonst erfreut, läßt mich kalt. Ich focht zum Beispiel in dem Cricket Match zwischen Amerika und Australien für die Ehre des Sternenbanners. Dabei hatte ich das Unglück, mein Vaterland um vier Points zu schädigen. Das kam so. Ich gähnte eben aus ganzer Seele, als der Ball geschlagen wurde, und er flog mir in den weit offenen Mund. Bis ich den Ball, der zwischen meinen Kiefern eingeklemmt war, herauskriegte, waren die vier Points weg… Wenn ich Ihnen sage, Doktor, daß ich die schwärzeste Form von Spleen führe, die je ein Mann englischer Zunge führte…“
„Seh’ ich ein, Windall, seh’ ich ein.“
„Nur der Vollständigkeit wegen will ich erwähnen, daß ich auch die Verarmung durchkostete.“
„Ah? … Das ist allerälteste Schule! Natürlich auch erfolglos?“
„Natürlich! Als ich in Irkutsk war, erhielt ich die Nachricht, daß ich durch verschiedene Unterschleife, Bankerotte und Betrügereien um mein ganzes Vermögen gebracht sei. Auch das besserte meine Laune nicht. Ich langweilte mich weiter. Nach Monaten, als ich heimkehrte, erfuhr ich, daß es eine fromme Lüge gewesen. Im Gegentheile, eine riesige Schweine-Conjunctur war eingetreten. Ich war reicher als je. Ich zuckte die Achseln.“
„Und wer hatte diesen naiven Plan ausgebrütet?“
„Miß Lillian Sleed. So glaubte sie mich von meiner Schwermuth heilen zu können. Sie wollte mir recht wehe thun.“
„Das ist echt weiblich.“
„Und nun, Doktor, wende ich mich an Sie! Wenn auch Sie nichts für mich wissen, so wollen wir nach einem comfortablen Abgang für einen Gentleman suchen.“
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/187&oldid=- (Version vom 1.8.2018)