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Beim Ausgange trafen sie zusammen. Drin im Saale rauschte die triviale Freude der Festlichkeit, an welcher sie Theil genommen hatten, noch fort. Der Aeltere warf gähnend die Garderobe-Nummer hin und ließ sich in den Ueberzieher helfen. Der Andere brannte sich unterdessen eine Cigarette an, und als er sich zu gehen anschickte, war auch jener schon fertig. Sie traten gleichzeitig zum Thore hinaus.

„Adieu!“ sagte der Aeltere. „Sie wollen doch nach Hause?“

„Ich weiß wirklich nicht. Die Nacht ist angenehm. Ich werde vielleicht noch ein bißchen bummeln.“

„Guter Gedanke! Nehmen Sie mich mit?“

Und sie gingen nebeneinander hin. Es verband sie die gewisse werthlose Vertraulichkeit Gleichgestellter, die mit der Erzählung einer pikanten Anekdote beginnt und beim ersten oder zweiten Versuche, sich Geld auszuborgen, aufhört.

„Sie haben beim Bankett offenbar denselben Fehler begangen, wie ich“, meinte der Erste nach einer kurzen Pause; „Sie haben zu wenig getrunken!“

„Predigen Sie der Jugend Unmäßigkeit, verehrter Mann?“

„Ich sage bloß, daß es ungeschickt ist, nüchtern zu bleiben, wenn Andere sich berauschen. Was, ungeschickt? Unklug, unangenehm, entsetzlich!“

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Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/170&oldid=- (Version vom 1.8.2018)