nein, den Lydern, oder vielmehr allen Menschen zum Geschenke machen. Als einzigen Lohn fordert er dafür meine Omphale, die er unendlich liebe?“
„Der Bursche hat keinen schlechten Geschmack“, schmunzelte Aesop.
Solon aber forschte: „Was ist das für ein Mittel das er gefunden haben will?“
„Er soll es euch selbst erklären“, rief Kroisos und befahl, den Jüngling zu holen.
Eukosmos von Bolissos trat ein. Er war von edler Gestalt. Den ionischen Chiton trug er mit Anstand. Sein Gesicht war wie Milch und Blut, und seine Wangen leuchteten aus dem hellbraunen jungen Bart heraus. Besonders stolz und lachend herrschten seine blauen Augen.
„Eukosmos!“ sagte der König sanft, „dies sind meine Freunde. Du magst frei vor ihnen reden, wie Du zu mir gesprochen hast. Gib uns dein Wundermittel an.“
„Hier ist es“, sprach Eukosmos mit einer warmen Stimme, die den Männern zu Herzen ging, und er hob ein Säckchen hoch.
„Was hast Du da? Gold?“ erkundigte sich Aesop.
„Mehr!“ lächelte Eukosmos. „Viel mehr als Gold! … Mehl!“
Der Fabeldichter wendete sich ergötzt an Solon: „Unser fürstlicher Wirth gibt uns noch ein Scherzspiel zum Besten.“
„Nein“, schrie Kroisos etwas ungeduldig; „es ist Ernst. Wenigstens behauptet es dieser. Sprich, Eukosmos!“
„Es ist Mehl“, wiederholte der Jüngling von Bolissos. „Mehl, das ich selbst erzeugt habe!“
Aesop hielt sich den Bauch vor Lachen: „Nun ja, Du hast einen Acker bestellt, hast Korn geerntet und hast es
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)