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stolperte und in den Sand der Arena hinfiel, so hielten sich selbst die feierlichsten Leute die Seiten vor Lachen. Die Wirkung der drei Stars läßt sich etwa so definiren: Mumbo flößte Achtung und Bewunderung ein, die Fiorentina Leidenschaft, Mr. Box aber Sympathie. Denn nichts ist den Leuten sympathischer als die Dummheit.

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Am Eingange der Manege konnte man, so oft Miß Fiorentina auftrat, einen ernsten Mann bemerken. Es war Herr Johannes Bunge. Er, um dessen kostbare Gunst die muntersten Liebhaberinnen und die sentimentalsten Salondamen des Residenztheaters sich vergeblich bewarben, er hatte eine Schwäche für die Jongleuse zu Pferde. Er fühlte ganz wohl, welche Auszeichnung er ihr dadurch zu Theil werden ließ, daß er sie überhaupt gewahrte. Aber auch hochstehende Personen dürfen kleine Anwandlungen von Menschlichkeit haben, und so gab sich Johannes denn dieser vorübergehenden Herzenslaune hin. Im Allgemeinen war Johannes ein strenger und gerechter Mann; nur zuweilen drückte er gefällig ein Auge zu, namentlich wenn es sich um ihn selber handelte. Direktor Madré – der geborene Mader – hatte ihn der Jongleuse vorgestellt mit einigen begleitenden Worten, welche den „Doktor“ als den hervorragendsten Schriftsteller und Kunstkenner der Gegenwart erscheinen ließen. Miß Fiorentina schlug träumerisch die Augen auf zu dem hohen Manne, der seinen blonden Bart so ernst streichelte, als er ihr einige herablassende Freundlichkeiten über ihre Leistungen sagte. Miß Fiorentina war ein echtes Cirkuskind, aufgewachsen mitten unter gebändigten Löwen, purzelnden Clowns, fliegenden

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Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)